Der Gebrauch von Cookies erlaubt uns Ihre Erfahrung auf dieser Website zu optimieren. Wir verwenden Cookies zu Statistikzwecken und zur Qualitätssicherung. Durch Fortfahren auf unserer Website stimmen Sie dieser Verwendung zu.

Weitere Informationen

Image-Film abspielen

Neuigkeiten

weitere News

21.07.2022 Feststellung der Verletzung mehrerer Rechte von Mitgliedern der Überleitungskonferenz des Dachverbands der Sozialversicherungsträger 

Ro 2021/08/0006 bis 0008 vom 22. Juni 2022

Mit dem Sozialversicherungs-Organisationsgesetz aus dem Jahr 2018 wurden die bisherigen 21 Sozialversicherungsträger zu fünf Sozialversicherungsträgern vereinigt. Diese fünf Sozialversicherungsträger wurden in einem Dachverband zusammengefasst, der den bisherigen Hauptverband ablöste. Die Geschäftsführung des Dachverbandes obliegt im Wesentlichen der Konferenz der Sozialversicherungsträger. Sie ist als Organ eines Selbstverwaltungskörpers weisungsfrei, unterliegt aber der Aufsicht des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz. Zur Überleitung vom Hauptverband zum Dachverband wurde eine Überleitungskonferenz (ÜLK) geschaffen, deren Mitglieder mit 1. Jänner 2020 automatisch zu Mitgliedern der Konferenz wurden und deren Aufgabe es unter anderem war, einen Büroleiter zur Leitung der Bürogeschäfte der Konferenz - den höchsten Angestellten des Dachverbandes - zu bestellen.

Die Bestellung des Büroleiters und seines Stellvertreters erfolgte - nach vorbereitenden Sitzungen u.a. am 25. Juni 2019 - in einer Sitzung der ÜLK am 27. Juni 2019 mit Mehrheitsbeschluss. Im Zuge dieses Bestellungsverfahrens kam es zu Meinungsverschiedenheiten über den Umfang der Rechte der Mitglieder der ÜLK, etwa was die einzuhaltenden Fristen bei Sitzungseinladungen und die Übermittlung von Unterlagen betrifft.

Zur Entscheidung in solchen Streitfällen kann nach § 450 Abs. 1 ASVG die Aufsichtsbehörde (der Sozialminister bzw. die Sozialministerin) angerufen werden. Von dieser Möglichkeit machten drei Mitglieder der ÜLK im Juli 2019 Gebrauch. Sie wandten sich an die (damalige) Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz und beantragten die Feststellung mehrerer Rechtswidrigkeiten sowie die Aufhebung der Beschlüsse vom 25. und 27. Juni 2019.

Mit Bescheid vom November 2019 stellte die Bundesministerin im Wesentlichen fest, dass die Rechte der antragstellenden Mitglieder der ÜLK nicht verletzt worden seien, und wies den Antrag auf Aufhebung der Beschlüsse zurück. Das Bundesverwaltungsgericht gab der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde nur in einzelnen Punkten statt. Die antragstellenden Mitglieder erhoben daraufhin Revision an den VwGH.

Der VwGH stellte zunächst klar, dass § 450 Abs. 1 ASVG den Mitgliedern nicht auch das Recht einräumt, die Aufhebung von Beschlüssen zu beantragen. Die Aufhebung ist vielmehr eine Aufgabe, die die Aufsichtsbehörde gegebenenfalls von sich aus (von Amts wegen, also unabhängig von einem Antrag) wahrzunehmen hat. Außerdem ist nach § 450 Abs. 1 ASVG nur über Rechte und Pflichten der Mitglieder, nicht aber auch über sonstige Rechtsfragen in Zusammenhang mit der Tätigkeit des Verwaltungskörpers (hier: der ÜLK) zu entscheiden (etwa über die im Antrag ebenfalls aufgeworfene Frage, ob bei der Bestellung des Büroleiters das Stellenbesetzungsgesetz eingehalten wurde).

Im Ergebnis gab der VwGH der Revision teilweise Folge. Er stellte verschiedene Verletzungen von Rechten der antragstellenden Mitglieder der ÜLK fest, insbesondere durch nicht zeitgerechte schriftliche Einladungen zu Sitzungen (die Einladungen erfolgten zum Teil erst am Vortag der jeweiligen Sitzung, wofür der geltend gemachte Zeitdruck kein ausreichender Rechtfertigungsgrund war), durch die verspätete Übermittlung von relevanten Unterlagen (nicht schon mit der Sitzungseinladung, sondern erst unmittelbar vor der Sitzung), durch die Verweigerung der Einsicht in die Bewerbungs- und Bewertungsunterlagen und durch die Anberaumung von Folgesitzungen in einer Weise, die das für die ÜLK (und auch die nunmehrige Konferenz) grundsätzlich geltende Einstimmigkeitserfordernis konterkarierte.


Volltext der Entscheidung