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20.06.2018 Verwaltungsgerichtshof trifft grundsätzliche Entscheidungen zum Auskunftsrecht gegenüber den Behörden, zur Säumnis und zur Erlangung eines Verweigerungsbescheides (Auskunftsrecht)

Ra 2017/03/0083 vom 29. Mai 2018 und Ro 2017/07/0026 vom 24. Mai 2018

  • PDF-Dokument (Volltext der Entscheidung zu Ra 2017/03/0083)
  • PDF-Dokument (Volltext der Entscheidung zu Ro 2017/07/0026)

Auskunftsrecht gegenüber Behörden kann auch Zugang zu Dokumenten umfassen

Ausnahmen zur Auskunftspflicht sind insbesondere gegenüber Medien eng auszulegen

Das Wiener Auskunftspflichtgesetz räumt jeder Person ein subjektives Recht auf Auskunftserteilung ein. Eine Behörde hat demnach einer Person grundsätzlich Auskunft zu geben. Dies gilt soweit keine gesetzliche Verschwiegenheitspflicht entgegensteht, und nur insoweit, als dadurch die Besorgung der übrigen Aufgaben nicht wesentlich beeinträchtigt wird. Weiters muss eine Auskunft nicht erteilt werden, wenn das Auskunftsbegehren offenkundig mutwillig ist.

Der Verwaltungsgerichtshof hielt fest, dass das Wiener Auskunftspflichtgesetz im Sinne der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte zu Art. 10 EMRK - verfassungskonform - auszulegen ist. Ausnahmen sind insbesondere dann eng auszulegen, wenn z.B. Anfragen als relevanter Vorbereitungsschritt für journalistische Aktivitäten zu sehen sind. Eine Auskunft kann nicht pauschal mit der Begründung verweigert werden, dass hinsichtlich einzelner dieser Vorgänge Verschwiegenheitspflicht besteht. Vielmehr hat die Behörde Auskunft über jene Vorgänge zu erteilen, für die keine gesetzliche Verschwiegenheitspflicht besteht. Wird die beantragte Auskunft (teilweise) auf Grund von gesetzlichen Verschwiegenheitspflichten verweigert, hat die Behörde darüber mit Bescheid abzusprechen und Feststellungen über jene Umstände zu treffen, auf die sich eine Verweigerung gründet. Dasselbe gilt auch im Hinblick des Auskunftsverweigerungsgrundes der wesentlichen Beeinträchtigung der übrigen Aufgaben: Dies kann nach Ansicht des VwGH zur Folge haben, dass Übersichtsauskünfte zu geben sind bzw. Zugang zu den relevanten Dokumenten einzuräumen ist.

Im vorliegenden Fall begehrte der Revisionswerber beim Magistrat der Stadt Wien Auskunft über dessen Aktion „Vorschläge zu Effizienzmaßnahmen“ in der Verwaltung und über das Ergebnis der Prüfung dieser Vorschläge. Nach seinen Angaben seien im Zuge des Projektes Vorschläge von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Stadt Wien eingeholt und über erste Ergebnisse der Prüfung dieser Vorschläge in Medien berichtet worden. Der Magistrat der Stadt Wien stellte daraufhin pauschal fest, dass die Auskunft nicht zu erteilen sei, weil es sich unter anderem um Bereiche handle, die der besonderen Verschwiegenheitspflicht unterliegen würden. Das Verwaltungsgericht Wien bestätigte diese Entscheidung.

Mit dem Erkenntnis vom 29. Mai 2018, Ra 2017/03/0083, hat der Verwaltungsgerichtshof der Revision Folge gegeben und das angefochtene Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien dahingehend geändert, dass der Bescheid aufgehoben und an den Magistrat der Stadt Wien zurückverwiesen wird. Der Magistrat der Stadt Wien hat nun - gebunden an die Rechtsansicht des Verwaltungsgerichtshofes - einen neuen Bescheid zu erlassen.

Zur Erlassung eines Auskunftsverweigerungsbescheides durch das Umweltbundesamt und diesbezügliche Säumnis

Umweltbundesamt ist zur Erlassung eines Auskunftsverweigerungsbescheides befugt; diesbezüglich Säumnisbeschwerde an das Verwaltungsgericht zulässig

Nach dem Auskunftspflichtgesetz haben ua die Organe des Bundes über Angelegenheiten ihres Wirkungsbereiches - soweit eine gesetzliche Verschwiegenheitspflicht dem nicht entgegensteht - Auskünfte zu erteilen. Im Fall der Nichterteilung einer Auskunft ist über Antrag die Erlassung eines Auskunftsverweigerungsbescheides vorgesehen.

Im Erkenntnis vom 24. Mai 2018, Ro 2017/07/0026, hatte sich der Verwaltungsgerichtshof mit der Frage zu befassen, ob die Umweltbundesamt Gesellschaft mit beschränkter Haftung (UBA) ein mit Aufgaben der Bundesverwaltung betrautes Organ darstellt, das die Pflicht zur Bescheiderlassung im Fall der Auskunftsverweigerung trifft. Der Verwaltungsgerichtshof bejahte diese Frage; das UBA erfüllt den funktionellen Organbegriff des Art. 20 Abs. 4 B‑VG und besorgt Verwaltungsaufgaben. § 4 Auskunftspflichtgesetz stellt die Ermächtigungsnorm zur Bescheiderlassung für das UBA dar. 

Fraglich war auch, ob im Fall einer Säumnis mit der Erlassung des Auskunftsverweigerungsbescheides das Verwaltungsgericht wegen Verletzung der Entscheidungspflicht angerufen werden konnte. Die Rechtsprechung vor Einführung der zweistufigen Verwaltungsgerichtsbarkeit (damals richteten sich Säumnisbeschwerden an den Verwaltungsgerichtshof) war nicht einheitlich.

Zur neuen Rechtslage vertrat der Verwaltungsgerichtshof im genannten Erkenntnis die Ansicht, dass sich eine Partei gegen die Säumnis mit der Erlassung eines Auskunftsverweigerungsbescheides zulässigerweise mit Säumnisbeschwerde an das Verwaltungsgericht wenden kann. Stellt das Verwaltungsgericht fest, dass die Auskunft zu erteilen ist, ist das um Auskunft ersuchte Organ verpflichtet, den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtes entsprechenden Rechtszustand herzustellen und die begehrte Auskunft zu erteilen.

Kontakt für Rückfragen: 
Medienstelle des Verwaltungsgerichtshofes
Wolfgang Köller
Telefon: (01) 531 11 - 241
E-Mail: medien@vwgh.gv.at


Der Verwaltungsgerichtshof ist das österreichische Höchstgericht in verwaltungsrechtlichen Angelegenheiten. Seine Entscheidungen unterliegen keinem weiteren Rechtszug.