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StVO und KFG: Darf der Fahrer eines Elektro-Rollstuhls oder eines Golfcarts einem Alkotest unterzogen werden?
Ist ein getuntes „Bobby Car“ ein Spielzeug oder ein Fahrzeug?
Ro 2023/02/0001; Ra 2023/02/0104; Ra 2025/02/0048, jeweils vom 3. April 2025
Der VwGH beschäftigte sich in drei Fällen mit der Frage, ob Fortbewegungsmittel als „Fahrzeuge“ im Sinne der StVO und des KFG anzusehen sind.
Im Fall Ro 2023/02/0001 stand der Lenker eines „Elektro-Rollstuhls“ (mit einer Leistung von 250 Watt und einer maximalen Geschwindigkeit von 15 km/h) im Verdacht einer Alkoholisierung, verweigerte aber den Alkotest. Die deshalb erfolgte Bestrafung bekämpfte er beim Verwaltungsgericht, das ihm Recht gab und das Verwaltungsstrafverfahren einstellte, weil es den „Elektro-Rollstuhl“ nicht als „Fahrzeug“ im Sinne der StVO einordnete und nur Fahrzeuglenker einem Alkotest unterzogen werden dürften. Die Verwaltungsbehörde akzeptierte diese Entscheidung nicht und rief den VwGHmit Amtsrevision an.
Im Fall Ra 2025/02/0048 lenkte der Beschuldigte ein Golfcart auf einer öffentlichen Straße, wurde einem Alkotest unterzogen und aufgrund einer festgestellten Alkoholisierung von 1,6 Promille bestraft. Auch er wandte sich mit einer Revision an den VwGHmit dem Argument, sein Golfcart sei kein „Fahrzeug“ im Sinne der StVO; seine Bestrafung sei deshalb zu Unrecht erfolgt.
Im Fall Ra 2023/02/0104 hatte der technisch versierte Beschuldigte ein Kinderspielzeug, nämlich ein sogenanntes „Bobby-Car“, mit Rädern und Elektromotoren eines Hoverboards ausgestattet und getunt, sodass es mit hoher Leistung eine Geschwindigkeit von etwa 40 km/h erreichen konnte. Aufgrund der niedrigen Sitzposition war ein Fahren für einen Erwachsenen nur mit hochgehobenen nach vorne ausgestreckten Beinen möglich und erforderte besondere Geschicklichkeit und körperliche Fitness. Der Beschuldigte wurde von der Polizei in den Nachtstunden auf einem kombinierten Geh- und Radweg aufgehalten und anschließend mehrfach bestraft, wobei die Polizei davon ausging, dass es sich bei dem getunten Spielzeug um ein „Kraftfahrzeug“ im Sinne des KFG handelt, das nicht zugelassen war und diverse Mängel aufwies. Das Verwaltungsgericht stellte das Strafverfahren hingegen ein, weil es das Gefährt als „fahrzeugähnliches Spielzeug“ einordnete, das kein „Fahrzeug“ im Sinne der StVO und des KFG sei. Die Polizei erhob gegen diese Entscheidung eine Amtsrevision an den VwGH.
In allen drei genannten Fällen gelangte der VwGH in seinen Entscheidungen zu dem Ergebnis, dass die Fortbewegungsmittel als „Fahrzeuge“ angesehen werden müssten.
Zu Ro 2023/02/0001 (Rollstuhl) führte er aus, nur manuell betriebene Rollstühle seien von der Fahrzeugdefinition des § 2 Abs. 1 Z 19 StVO ausgenommen. Ein „Elektro-Rollstuhl“, der - wie im gegenständlichen Fall - aufgrund seiner Reichweite (55 Kilometer) und Geschwindigkeit (15 km/h) dazu geeignet sei, damit Personen und Sachen auch über weitere Wegstrecken zu befördern, sei nicht mit jenen Kleinfahrzeugen zu vergleichen, die der Gesetzgeber nicht als „Fahrzeuge“ einordnen wollte. Zu Ra 2025/02/0048 (Golfcart) entschied der VwGH im gleichen Sinne. In beiden Fällen sei daher die Bestrafung (wegen Verweigerung des Alkotest bzw. wegen festgestellter Alkoholisierung des Fahrzeuglenkers) zu Recht erfolgt.
Zu Ra 2023/02/0104 ("Bobby-Car") verneinte der VwGH, dass das getunte Fortbewegungsmittel aufgrund seiner Geschwindigkeit und Leistung (noch) als „fahrzeugähnliches Spielzeug“ angesehen werden könne. Eine solche Sichtweise stünde in einem Wertungswiderspruch insbesondere im Vergleich zu leistungs- und geschwindigkeitsmäßig ähnlichen E-Scootern, für die bereits ausgesprochen wurde, dass es sich um Fahrzeuge handelt (siehe dazu auch Ro 2023/02/0010 vom 16. März 2023). Das gegenständliche Beförderungsmittel sei somit auch ein „Fahrzeug“ im Sinne der StVO und des KFG.
Volltext der Entscheidung (Ro 2023/02/0001 / Elektrischer Rollstuhl)
Volltext der Entscheidung (Ra 2025/02/0048 / Golfcart)
Volltext der Entscheidung (Ra 2023/02/0104 / "Bobby-Car")