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Zur Prüfung einer Suspendierung eines Beamten durch das Verwaltungsgericht

Ro 2022/09/0003 vom 28. November 2022

Der vorliegende Fall betrifft ein Suspendierungsverfahren eines Beamten, der im Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten als Generalsekretär sowie zuletzt als Botschafter tätig war. Mit Bescheid vom September 2021 sprach der Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten als Dienstbehörde aus, dass der Beamte mit sofortiger Wirkung vorläufig vom Dienst suspendiert wurde. Die Dienstbehörde ging vom Verdacht mehrerer Dienstpflichtverletzungen aus. So ermittle die Staatsanwaltschaft in drei Fällen aufgrund eines möglichen Missbrauchs der Amtsgewalt sowie in zwei Fällen aufgrund einer möglichen Verletzung des Amtsgeheimnisses. Im Anschluss erstattete die Dienstbehörde eine Disziplinaranzeige an die Bundesdisziplinarbehörde wegen mehrfacher schuldhafter Verletzungen von Dienstpflichten. Dabei stützte sie sich auf den Verdacht, der Beamte habe zweimal die Amtsverschwiegenheit verletzt sowie gegen die allgemeinen Dienstpflichten verstoßen, indem er dreimal versucht habe, einen Polizisten zum Amtsmissbrauch anzustiften.

Mit Bescheid der Bundesdisziplinarbehörde vom Oktober 2021 wurde der Beamte vom Dienst suspendiert. Zur Begründung zog die Bundesdisziplinarbehörde die zwei Verdachtsmomente der Verletzung der Amtsverschwiegenheit heran, die aus Sicht der Behörde für eine Suspendierung ausreichend seien. Im Spruch des Bescheides nahm die Behörde diese Verdachtsmomente mit auf. Die übrigen Tatvorwürfe reichten nicht aus, um eine Suspendierung zu rechtfertigen.

Der Beamte erhob gegen die Suspendierung durch die Bundesdisziplinarbehörde Beschwerde.

Das zuständige Bundesverwaltungsgericht (BVwG) wies die Beschwerde im Dezember 2021 ab. Dabei änderte das BVwG den Spruch des Bescheides der Bundesdisziplinarbehörde derart, dass lediglich festgehalten wird, dass der Beamte suspendiert sei, ohne die Verdachtsmomente einzeln zu nennen, die dazu geführt hatten. Gleichzeitig ging das BVwG davon aus, dass für alle fünf ursprünglich genannten Tatvorwürfe ausreichend Verdachtsmomente bestünden und zog darüber hinaus in seiner Begründung Sachverhaltselemente heran, die sich erst aus der Beschwerde des Beamten ergeben hatten. Das Gericht ging dabei davon aus, dass es eine Suspendierung auch auf Gründe stützen dürfe, die erst im Beschwerdeverfahren hervorgekommen seien. In den Spruch sei lediglich die Entscheidung darüber aufzunehmen, ob ein Beamter suspendiert werde oder nicht. Aufgrund welcher Verdachtsmomente eine Suspendierung ausgesprochen werde, sei Teil der Begründung bei der auch keine Bindung an die Verdachtsmomente der Bundesdisziplinarbehörde bestehe, so das BVwG weiter.

Dagegen erhob der Beamte eine Revision an den VwGH.

Der VwGH stellte dazu zunächst klar, dass eine Suspendierung eine sichernde Maßnahme und keine endgültige Lösung bei Dienstpflichtverletzungen darstellt. Es reicht für eine solche bereits aus, dass lediglich der begründete Verdacht einer Dienstpflichtverletzung besteht (ob ein Beamter diese auch tatsächlich begangen hat, ist Frage des Disziplinarverfahrens). Es ist ausreichend zu begründen, warum ein Verdacht einer Dienstpflichtverletzung besteht. Im Spruch ist wiederum lediglich eine Aussage darüber aufzunehmen, ob der Beamte suspendiert wird oder nicht.

Die Entscheidung darüber, ob eine Suspendierung ausgesprochen wird, ist gleichzeitig "Sache" des Bescheids der Bundesdisziplinarbehörde und steckt den äußersten Rahmen für die Prüfung durch das BVwG ab, so der VwGH weiter. Dabei hat sich das BVwG an der aktuellen Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt seiner Entscheidung zu orientieren. Für das BVwG war daher zu klären, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung ein ausreichend begründeter Verdacht einer Dienstpflichtverletzung besteht, der eine Suspendierung rechtfertigt. Diese Prüfung durch das BVwG kann sich dabei nur auf jene Handlungen beziehen, die dem Beamten bereits als etwaige Dienstpflichtverletzungen vorgeworfen wurden (sie müssen ihm durch Disziplinaranzeige bereits "zur Last gelegt" worden sein). Daher durfte das Gericht auch jene Tatvorwürfe in seine Entscheidung mitaufnehmen, die zwar von der Bundesdisziplinarbehörde als für eine Suspendierung nicht ausreichend erachtet wurden, aber Teil der Disziplinaranzeige waren (und daher ebenfalls bereits "zur Last gelegt" wurden).
Dies verstößt auch nicht gegen das strafrechtliche Verschlechterungsverbot (Verbot der reformatio in peius).
Im Übrigen reicht es auch für eine Suspendierung bereits aus, wenn eine von mehreren Dienstpflichtverletzungen derart schwer ist, dass das Ansehen des Amtes oder wesentliche Interessen des Dienstes bei Belassung gefährdet wären.

Der VwGH wies die Revision ab.

Siehe im Übrigen auch zur vorläufigen Suspendierung im Beamten-Dienstrecht: Ra 2021/09/0251 vom 28. Februar 2022.


Download: Volltext der Entscheidung