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Parteistellung von Umweltorganisationen in wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren

Ra 2020/07/0056 vom 14. September 2021

Der vorliegende Fall betrifft das Kraftwerksprojekt Schwarze Sulm, dessen Errichtung bereits im Mai 2007 wasserrechtlich bewilligt wurde.

Auf Anregung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft wurde im Jahr 2012 ein Anpassungsverfahren nach § 21a Wasserrechtsgesetz 1959 (WRG) eingeleitet und mit Bescheid vom September 2013 zum Schutz der Umwelt mehrere zu erreichende Anpassungsziele vorgeschrieben. Den Projektbetreibern wurde aufgetragen, den Anpassungszielen entsprechende Projektunterlagen vorzulegen. Umweltorganisationen kam in diesem (Vorschreibungs‑)Verfahren keine Parteistellung zu (VwGH 30.6.2016, Ro 2014/07/0028).

Die Projektbetreiber beantragten im Mai 2014 die Bewilligung mehrerer Änderungen an der Kraftwerksanlage. Die (nunmehrigen) Revisionswerber, zwei nach dem UVP-G anerkannte Umweltorganisationen, beantragten die Zuerkennung der Parteistellung in diesem Verfahren.

Zwischenzeitlich legten die Projektbetreiber zur Erreichung der im September 2013 vorgeschriebenen Anpassungsziele Projektunterlagen vor.

Mit Bescheid vom März 2017 wurden einerseits die von den Projektbetreibern beantragten Änderungen an der Kraftwerksanlage gemäß § 21 Abs. 5 WRG bewilligt. Andererseits wurde festgestellt, dass die vorgelegten Projektunterlagen den Anpassungszielen entsprechen und diese Anpassungen somit gemäß § 21a WRG ebenfalls bewilligt werden.

Mit Entscheidung des Landesverwaltungsgerichts Steiermark (Verwaltungsgericht) vom April 2018 wurde den Revisionswerbern die Parteistellung im Änderungsverfahren (nach § 21 Abs. 5 WRG) zuerkannt.

Sie beantragten daraufhin die Zustellung des Bescheids vom März 2017 und erhoben, nach dessen Zustellung, dagegen Beschwerde. Sie brachten insbesondere vor, dass die von den Projektbetreibern eingebrachten Änderungen an der Kraftwerksanlage so wesentlich sind, dass es sich in Wirklichkeit um ein neues bzw. anderes Projekt handle (ein sogenanntes "aliud"), welches wasserrechtlich neu zu bewilligen sei.

Diese Beschwerde wurde vom Verwaltungsgericht abgewiesen. Das Gericht hielt zum Umfang der Parteistellung der Umweltorganisationen fest, dass diese auf die Geltendmachung von Umweltbestimmungen aus dem Unionsrecht und nur auf die beantragten Änderungen (im Verfahren nach § 21 Abs. 5 WRG) beschränkt seien. Im Verfahren nach § 21a WRG komme ihnen gar keine Parteistellung zu. Den Einwand der Umweltorganisationen, die Änderungen der Kraftwerksanlage seien so wesentlich, dass es sich um ein aliud handle, verneinte das Verwaltungsgericht. Ebenso verneinte es die Gefahr der Verschlechterung der Wasserqualität und stützte sich dabei auf ein Gutachten eines Sachverständigen.

Die Umweltorganisationen erhoben dagegen Revision an den VwGH.

Der VwGH setzte sich mit dem Umfang der Parteistellung von Umweltorganisationen im WRG auseinander.

Dazu hielt er zum einen unter Verweis auf das Unionsrecht fest, dass Umweltorganisationen berechtigt sind, die Einhaltung der unionsrechtlichen Bestimmungen zum Schutz der Umwelt geltend zu machen. Diese Parteistellung umfasst auch Vorbringen in einem Änderungsverfahren nach § 21 Abs. 5 WRG zu der Frage, ob eine (bloße) Änderung eines Projektes oder in Wirklichkeit ein gänzliches neues Projekt vorliegt, das - als aliud - neu zu bewilligen wäre (mit dementsprechenden umfangreicheren Mitwirkungsrechten der Umweltorganisationen). Im vorliegenden Fall hat das Verwaltungsgericht jedoch nicht ausreichend geprüft, ob ein aliud vorliegt.

Zum anderen führte der VwGH zur Parteistellung der Umweltorganisationen im Anpassungsverfahren nach § 21a WRG aus, dass ein solches Verfahren dem Schutz öffentlicher Interessen dient und sich in zwei Teile gliedert. Als erster Schritt werden einem Anlagenbetreiber Anpassungen vorgeschrieben, denen er zunächst durch die Vorlage von angepassten Projektunterlagen nachzukommen hat. In diesem Verfahren ist lediglich derjenige Partei, der die Vorschreibung zur Anpassung seiner Anlage bekommt. Aber auch diese Anpassungen müssen im Anschluss, in einem zweiten Schritt, durch die Wasserrechtsbehörde bewilligt werden. In diesem Bewilligungsverfahren kommt den Umweltorganisationen wiederum eine Parteistellung (zur Wahrung der Bestimmungen aus dem Unionsumweltrecht) zu. Hier verneinte das Verwaltungsgericht somit zu Unrecht eine Parteistellung der Umweltorganisationen im Bewilligungsverfahren, welches der Projektvorlage nach § 21a WRG nachfolgte.

Der VwGH hob daher die angefochtene Entscheidung des Verwaltungsgerichts auf. Das Verwaltungsgericht hat im fortgesetzten Verfahren zu prüfen, ob eine Änderung der Kraftwerksanlage vorliegt oder ob die Anlage wasserrechtlich neu zu bewilligen ist.


Download: Volltext der Entscheidung