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Personenstandsgesetz 2013: Die Streichung des Geschlechtseintrags im Zentralen Personenstandsregister ist unzulässig
Ro 2023/01/0008 vom 5. Dezember 2024
Im vorliegenden Fall beantragte eine Person die Löschung ihres Geschlechtseintrags („männlich“) im Zentralen Personenstandsregister (ZPR).
Der Bürgermeister der Stadt Wien als zuständige Personenstandsbehörde wies den Antrag mit Bescheid ab, wogegen die Person Beschwerde an das zuständige Verwaltungsgericht Wien (VwG) erhob.
Das VwG gab der Beschwerde statt und sprach aus, dass der Geschlechtseintrag im ZPR streichen sei. Begründend führte das VwG aus, die betreffende Person sei biologisch gesehen dem männlichen Geschlecht zugehörig, sie besitze aber eine „nichtbinäre Geschlechtsidentität“ und identifiziere sich weder als männlich noch als weiblich. In seinen rechtlichen Ausführungen bezog sich das VwG im Wesentlichen auf die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (VfGH) betreffend den Geschlechtseintrag von intersexuellen Person, wonach auch eine Variante der Geschlechtsentwicklung gegenüber männlich oder weiblich zu beachten und neben der Eintragung von „männlich“ oder „weiblich“ auch der Geschlechtseintrag „divers“, „inter“, oder „offen“ möglich sei. Vorliegend handle es sich zwar nicht um einen Fall von Intersexualitität sondern um Transidentität; dennoch sei nach Maßgabe des Art. 8 EMRK die individuelle Geschlechtsidentität zu beachten und daher der Geschlechtseintrag zu löschen.
Dagegen erhob der Bürgermeister von Wien Amtsrevision an den VwGH, der die Entscheidung des VwG wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufhob.
Der VwGH hielt - unter Hinweis auf einschlägige Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) - fest, dass an der Vollständigkeit und Richtigkeit der in den Personenstandsurkunden und im ZPR eingetragenen Personenstandsfälle und Personenstandsdaten ein erhebliches öffentliches Interesse besteht. Nach dem klaren Wortlaut der - im Einzelnen angeführten - Bestimmungen PStG 2013 ist die Personenstandbehörde zur Eintragung ua. von bestimmten Personenstandsdaten, zu denen auch das Geschlecht eines Menschen gehört, verpflichtet. Das Geschlecht hat daher im ZPR aufzuscheinen; eine (ersatzlose) Streichung bzw. ein Unterlassen des Geschlechtseintrags ist demnach unzulässig.
Gegenteiliges ergebe sich - so der VwGH weiter - auch nicht aus der vom VwG Bezug genommenen -Rechtsprechung des VfGH (VfSlg. 20.258), zumal sich diese Rechtsprechung ausschließlich auf Fragen des Geschlechtseintrags von „Menschen mit einer Variante der Geschlechtsentwicklung gegenüber männlich oder weiblich“, sohin auf intersexuelle, nicht aber auf transidente Menschen beziehe.
Die Personenstandsbehörde habe daher den vorliegenden Antrag auf Streichung des Geschlechtseintrags zu Recht abgewiesen und wäre (auch) die dagegen gerichtete Beschwerde vom VwG abzuweisen gewesen.
Der VwGH merkte fallbezogen noch an, dass die Unzulässigkeit der Streichung des Geschlechtseintrags zur Folge habe, dass im vorliegenden Fall (weiter) der ursprüngliche Geschlechtseintrag („männlich“) und sohin das biologische Geschlecht der betreffenden Person im ZPR aufscheine.
Dagegen bestünden keine Bedenken, zumal nach der übereinstimmenden Rechtsprechung der österreichischen Höchstgerichte (OGH, VfGH, VwGH) die österreichische Rechtsordnung sowie auch das soziale Leben (nach wie vor) von dem Prinzip ausgingen, dass jeder Mensch entweder männlich oder weiblich sei. Der VwGH habe bereits in seiner Vorjudikatur (unter Hinweis auf die erwähnte Rechtsprechung des VfGH) festgehalten, dass es für die Eintragung des Geschlechts grundsätzlich auf das biologische, körperliche Geschlecht ankomme.
Eine andere Auslegung - so der VwGH abschließend - sei ihm mangels ausdrücklicher Regelung (der Fragen des Geschlechtseintrags von transsexuellen/transidenten Menschen) durch den Gesetzgeber verwehrt.