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Die Prüfung auf Asyl darf sich nicht auf einen Teil des Heimatstaats beschränken

Ra 2023/18/0108 vom 4. Juli 2023

Der vorliegende Fall betrifft einen syrischen Staatsangehörigen (Antragsteller) der im Oktober 2021 einen Antrag auf internationalen Schutz (Antrag auf Asyl) stellte. Seine Flucht begründete er damit, dass ihm ein Einzug ins syrische Militär drohe. Im Falle der Rückkehr fürchte er um sein Leben.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl erkannte dem Antragsteller zwar wegen der unsicheren Lage in Syrien subsidiären Schutz, jedoch kein Asyl zu.

Gegen die Nichtzuerkennung von Asyl wandte sich der Antragsteller mit Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Erneut verwies er auf die Gefahr, in die syrische Armee eingezogen zu werden und im Krieg kämpfen zu müssen. Im Falle einer Verweigerung wäre er erheblichen Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt. Seine Heimatregion in Syrien stünde zwar unter kurdischer Kontrolle, um dorthin zu gelangen müsse er aber über Grenzübergänge einreisen, die unter der Kontrolle der syrischen Regierung stünden. Bereits dort würde man ihn aufgreifen und wegen Wehrdienstverweigerung foltern.

Das Bundesverwaltungsgericht wies die Beschwerde ab. Es sei unwahrscheinlich, dass der Antragsteller in seiner Heimatregion von den syrischen Regierungstruppen rekrutiert werde, weil sie unter der Kontrolle kurdischer Truppen stehe. Dem Antragsteller drohe in seinem Herkunftsland in seiner Heimatregion somit keine asylrelevante Verfolgung. Im Übrigen komme es bei der Prüfung einer asylrelevanten Verfolgung nicht darauf an, ob der Antragsteller seine Heimatregion nur über von der syrischen Armee kontrollierten Grenzübergange erreichen könne.

Dagegen erhob der Antragsteller Revision.

Der VwGH setzte sich mit der Frage auseinander, ob die behauptete Verfolgung des Antragstellers bei der Einreise nach Syrien auch dann eine Rolle spiele, wenn er in seiner Heimatregion keiner Verfolgung ausgesetzt sei.

In diesem Zusammenhang bezog sich das Bundesverwaltungsgericht zur Untermauerung seiner Rechtsauffassung auf frühere Entscheidungen des VwGH, die es jedoch unrichtig interpretierte.

Einem Fremden ist nämlich dann Asyl zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) droht. Der VwGH stellte in diesem Zusammenhang klar, dass sich die Prüfung auf einen (ganzen) Staat bezieht und eine Einschränkung der Prüfung auf die Herkunftsregion unzulässig ist.

Darüber hinaus ist der maßgebliche Zeitpunkt für die Asylzuerkennung der Zeitpunkt der Entscheidung durch die Behörde bzw. durch das Bundesverwaltungsgericht. So ist einerseits nicht nötig, dass bereits eine Verfolgung stattgefunden hat, andererseits ist eine bloße "Vorverfolgung" für sich betrachtet (noch) nicht hinreichend. Es kommt vielmehr darauf an, ob der betroffenen Person im Zeitpunkt der Entscheidung im Herkunftsstaat Verfolgung aus einem der in der GFK genannten Gründe drohen würde.

Alleine die Furcht vor der Ableistung des Wehrdienstes bzw. vor den Folgen bei einer Verweigerung stellt nach seiner Rechtsprechung noch keine asylrelevante Verfolgung dar, so der VwGH weiter. Es bedarf auch hier einer Verknüpfung mit einem Konventionsgrund nach der GFK (Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischer Gesinnung).

Das Bundesverwaltungsgericht hätte daher (zunächst) zu prüfen gehabt, ob dem Antragsteller bereits beim Grenzübergang asylrelevante Verfolgung droht. Bejaht das Bundesverwaltungsgericht eine Verfolgung, wäre zu prüfen, ob diese Verfolgung mit einem der Gründe der GFK verknüpft ist.

Der VwGH hob die angefochtene Entscheidung daher auf.

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Volltext der Entscheidung