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Wann ist ein Unfallfahrzeug Abfall?

Ra 2023/07/0174 vom 12. November 2024

Im vorliegenden Fall hatte die zuständige Bezirkshauptmannschaft den Verkäufer eines Pkw mit einer Geldstrafe bestraft. Bei dem Fahrzeug habe es sich um einen gefährlichen Abfall im Sinn des Abfallwirtschaftsgesetzes 2002 (AWG 2002) gehandelt. Der Verkäufer hätte den Pkw daher nicht einem beliebigen Käufer, sondern nur an eine zur Sammlung oder Behandlung berechtigte Person übergeben dürfen.

Das Landesverwaltungsgericht (LVwG) wies die gegen dieses Straferkenntnis erhobene Beschwerde als unbegründet ab. Es treffe zu, dass der verkaufte Pkw Abfall gewesen sei. Der objektive Abfallbegriff (§ 2 Abs. 1 Z 2 AWG 2002) sei erfüllt, weil von dem nicht trockengelegten Pkw, in dem sich Betriebsmittel wie etwa Motoröl oder die Starterbatterie befunden hätten, eine Gefahr für die Umwelt ausgegangen sei. Auch stehe die Sache nicht mehr im Sinn von § 2 Abs. 3 Z 2 AWG 2002 in bestimmungsgemäßer Verwendung, weil das Fahrzeug ein Totalschaden gewesen sei. Dazu stellte das Gericht fest, der „Zeitwert des Fahrzeugs vor dem Unfall“ sei bei 6.500 € gelegen; sowie der Zeitwert nach dem Unfall zwischen 950 € und 2.000 €. Die Kosten für eine Instandsetzung hätten um die 3.000 € betragen, welche den Zeitwert des Autos nach dem Unfall weit überschritten hätten. Im Übrigen seien darüber hinaus eventuell noch weitere Reparaturen notwendig gewesen.

Aufgrund der Revision setzte der VwGH sich mit dem Abfallbegriff des AWG 2002 auseinander. Dazu bekräftigte VwGH zunächst seine bisherige Rechtsprechung, wonach für die Verwirklichung des objektiven Abfallbegriffs die bloße Möglichkeit einer Gefährdung von Schutzgütern, wie sie im AWG 2002 aufgezählt werden (etwa die Umwelt), durch die Sache ausreicht. Darunter fallen somit - wie im vorliegenden Fall – auch nicht trockengelegte Autowracks, weil die Gefahr besteht, dass für die Umwelt gefährliche Betriebsmittel austreten könnten.

Der Qualifikation als Abfall steht jedoch –  auch in einem solchen Fall – entgegen, dass die Sache nach allgemeiner Verkehrsauffassung in einer bestimmungsgemäßen Verwendung steht (§ 2 Abs. 3 Z 2 AWG 2002). Dies ist nach der Rechtsprechung der VwGH aber dann zu verneinen, wenn der Pkw nicht mehr in wirtschaftlicher Weise für seinen Zweck nutzbar gemacht werden kann. Entscheidend ist in diesem Sinn bei einem Unfallfahrzeug, ob die Wiederherstellungskosten und Reparaturkosten den Zeitwert unverhältnismäßig hoch überschreiten (Totalschaden).

Der VwGH betonte, dass diese im AWG 2002 vorgesehene Prüfreihenfolge einzuhalten ist. Eine Sache ist also zunächst objektiv als Abfall anzusehen, wenn von ihr die Möglichkeit der Gefährdung von Schutzgütern nach dem AWG 2002 ausgeht. Erst im zweiten Schritt ist die Frage einer bestimmungsgemäßen Verwendung zu stellen, der eine Qualifikation als Abfall ausschließt. Für die Beurteilung, ob von einer Sache eine Gefahr ausgeht, ist nicht entscheidend, welchen Wert sie hat oder mit welchem Aufwand sie wieder in Stand gesetzt werden kann. Umgekehrt ist eine beschädigte Antiquität, von der keine Gefahr für die Umwelt ausgeht, nicht schon deshalb Abfall, weil eine Reparatur nicht wirtschaftlich ist.

Im Weiteren stellte der VwGH klar, dass der für die Beurteilung der Wirtschaftlichkeit der Reparatur eines Unfallfahrzeuges maßgebliche Zeitwert grundsätzlich der Wert ist, den das Fahrzeug vor seiner Beschädigung aufgewiesen hat; und nicht – wie vom LVwG angenommen – der Wert nach dem Unfall. Sollte es im gegenständlichen Fall möglich gewesen sein, das Fahrzeug mit einem Reparaturaufwand von 3.050 € wieder in seinen Zustand vor der Beschädigung zu versetzen, wodurch der Wert des Fahrzeugs wieder dem vor dem Unfall von 6.500 € entsprochen hätte, wären die Kosten für die Wiederherstellung deutlich unter dem Zeitwert gelegen. Es könnte dann keine Rede davon sein, dass das Fahrzeug nur mehr in unwirtschaftlicher Weise für seinen Zweck nutzbar gemacht hätte werden können, also ein Totalschaden vorgelegen wäre. Insofern fehlten aber eindeutige Sachverhaltsfeststellungen des LVwG.

Der VwGH hob die angefochtene Entscheidung auf.


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