Der Gebrauch von Cookies erlaubt uns Ihre Erfahrung auf dieser Website zu optimieren. Wir verwenden Cookies zu Statistikzwecken und zur Qualitätssicherung. Durch Fortfahren auf unserer Website stimmen Sie dieser Verwendung zu.

Weitere Informationen

Image-Film abspielen

Information
Sämtliche Entscheidungen ab 1990 sind durchgehend im Rechtsinformationssystem des Bundes (RIS) erfasst. Ältere unveröffentlichte Entscheidungen können gegen Ersatz der Kopierkosten im Servicecenter bestellt werden.

Sicherheitspolizeigesetz: Rechtswidrige Durchsuchung eines Demonstranten

Ra 2023/01/0304 vom 19. September 2024

Der vorliegende Fall betrifft die Durchsuchung eines „Klimakleber“-Demonstranten durch die Polizei.

Im Zuge der Auflösung einer „Klimakleber“-Demonstration im Februar 2023 wurde der Demonstrant - wegen Nichtverlassen der aufgelösten Versammlung - festgenommen und in ein Polizeianhaltezentrum in Wien verbracht, wo er einer Personendurchsuchung unterzogen wurde. Die Polizei vermutete, dass der Demonstrant „Superkleber“ bei sich führen und er sich im Anhaltezentrum festkleben könnte, weshalb sie ihn aufforderte, sich vollständig zu entkleiden. Klebstoff (oder sonstige Gegenstände) wurden letztlich nicht vorgefunden.

Der Demonstrant erhob gegen die Durchsuchung eine Maßnahmenbeschwerde beim Verwaltungsgericht Wien.

Das Verwaltungsgericht Wien sprach aus, dass die Durchsuchung rechtswidrig gewesen sei. Das Gericht ging in der Begründung insbesondere davon aus, dass keine hinreichende Sicherheitsgefährdung bestanden hätte, welche die Durchsuchung in Form der vollständigen Entkleidung gerechtfertigt hätte; die Durchsuchung sei daher nicht verhältnismäßig gewesen.

Dagegen erhob die Landespolizeidirektion Wien Amtsrevision an den VwGH.

Der VwGH verwies auf seine bisherige Rechtsprechung zu den in § 40 Abs. 1 Sicherheitspolizeigesetz (SPG) geregelten Voraussetzungen für eine Durchsuchung einer Person.

Demnach ist die Polizei ermächtigt, eine festgenommene Person zu durchsuchen, um sicherzustellen, dass diese weder ihre eigene noch die Sicherheit anderer Personen gefährdet und nicht flüchtet.

Grundsätzlich hat sich die Polizei gemäß Abs. 4 dieser Bestimmung auf die Durchsuchung der Kleidung und die Besichtigung des Körpers zu beschränken, es sei denn, es wäre anzunehmen, dass die betroffene Person einen Gegenstand im Körper versteckt. In einem solchen Fall ist ein Arzt zu betrauen.

Nach der bisherigen Rechtsprechung des VwGH ist für die Qualifizierung einer Amtshandlung als „Durchsuchung des Körpers“ eine körperliche Berührung nicht unbedingt erforderlich. Auch die bloße Inaugenscheinnahme der betroffenen - unbekleideten - Person kann eine solche Durchsuchung darstellen, insbesondere dann, wenn Mitwirkungshandlungen der Person verlangt werden (wie hier: die Aufforderung, die Unterhose hinunterzuziehen).

Ob bzw. welche Art der Durchsuchung angebracht ist, muss durch die Polizei im Vorhinein (ex ante) unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit (§ 29 SPG) beurteilt werden.

Der VwGH erachtete die Auffassung des Verwaltungsgerichts Wien, dass hier kein ausreichendes Gefährdungspotenzial dargelegt worden sei, das das vollständige Entkleiden im Rahmen der Durchsuchung gerechtfertigt hätte, und die Maßnahme daher einzelfallbezogen als unverhältnismäßig zu werten sei, als vertretbar.

Der VwGH wies die Revision der Landespolizeidirektion daher zurück.


Download: Volltext der Entscheidung