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§ 12a Abs. 3 erster Satz TLVwGG: Bei der Einjahresfrist zur Erhebung einer Datenschutzbeschwerde gemäß Art. 130 Abs. 2a B‑VG handelt es sich um eine verfahrensrechtliche Frist

Ra 2024/04/0322 vom 24. September 2025

§ 12a Tiroler Landesverwaltungsgerichtsgesetz (TLVwGG) sieht eine Einjahresfrist ab Kenntnis und eine absolute Frist von drei Jahren zur Erhebung einer Datenschutzbeschwerde gemäß Art. 130 Abs. 2a B-VG vor. Das Erkenntnis behandelt die Frage, ob diese normierte - subjektive - Einjahresfrist eine materiell-rechtliche oder eine verfahrensrechtliche Frist ist.

Die Beschwerdeführerin nahm Akteneinsicht in einem vor dem Landesverwaltungsgericht Tirol geführten Verfahren und erhob aufgrund der durch die Akteneinsicht erlangten Kenntnisse eine Datenschutzbeschwerde nach Art. 130 Abs. 2a B-VG. Diese Beschwerde gab sie am letzten Tag der Einjahresfrist postalisch auf; sie langte einige Tage später beim Landesverwaltungsgericht Tirol ein.

Das Landesverwaltungsgericht Tirol ging mit näherer Begründung davon aus, dass es sich bei der Frist nach § 12a TLVwGG um eine materiell-rechtliche Frist handle und daher das Postlaufprivileg nach § 33 Abs. 3 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) nicht zur Anwendung gelange. Die Datenschutzbeschwerde wurde daher als verspätet zurückgewiesen.

Dagegen erhob die Beschwerdeführerin zunächst eine Erkenntnisbeschwerde an den Verfassungsgerichtshof (VfGH). Nach Ablehnung und Abtretung derselben durch den VfGH erhob die Beschwerdeführerin Revision an den VwGH.

Der VwGH klärte die Frage, ob es sich bei der in § 12a Abs. 3 erster Satz TLVwGG normierten Einjahresfrist um eine materiell-rechtliche oder eine verfahrensrechtliche Frist handelt.

Er verwies zunächst auf seine bisherige Rechtsprechung, dass eine Frist dann verfahrensrechtlichen Charakter habe, wenn sie die Möglichkeit, eine Handlung zu setzen, die prozessuale Rechtswirkungen auslösen soll, zeitlich beschränke. Dies trifft - so der VwGH - insbesondere auf die in den Verfahrensgesetzen (einschließlich des AVG) normierten Fristen zu (etwa für Rechtsbehelfe). Aber auch in Materiengesetzen finden sich verfahrensrechtliche Fristen. Indizwirkung kommen dabei der Einordnung der Vorschrift im Gesetz und der Anordnung, die Versäumung der Frist führt zu einer zurückweisenden Entscheidung, zu.

Ist eine Rechtshandlung hingegen auf den Eintritt materieller Rechtswirkungen gerichtet (etwa einer Präklusion bzw. des Erlöschens eines Anspruches), so ist die Frist als materiell-rechtlich zu qualifizieren. Die Wertung einer Frist als materiell-rechtlich muss vom Gesetz unzweifelhaft zum Ausdruck gebracht werden, andernfalls ist von einer verfahrensrechtlichen Frist auszugehen.

Der Gesetzgeber hat nach Ansicht des VwGH im TLVwGG nicht unzweifelhaft zum Ausdruck gebracht, dass es sich bei der Frist nach § 12a Abs. 3 erster Satz um eine materiell-rechtliche Frist handelt. Auch die Einordnung der Bestimmung innerhalb des Gesetzes lässt nicht auf eine materiell-rechtliche Frist schließen. Darüber hinaus ist die Frist auf die Erlassung einer Entscheidung gerichtet. Umgekehrt sieht der (Tiroler) Gesetzgeber in dieser Bestimmung kein Erlöschen eines Anspruches vor. Bereits aus diesem Grund ist die Frist nach § 12a Abs. 3 erster Satz TLVwGG als verfahrensrechtliche Frist einzuordnen.

Die erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage, die wiederum auf vergleichbare Bestimmungen in Bundesgesetzen (und deren Erläuterungen) verweisen, sowie die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes bestätigen diese Ansicht.

Zusammengefasst ist die in § 12a Abs. 3 erster Satz TLVwGG normierte Einjahresfrist nach der in diesem Erkenntnis dargelegten Rechtsansicht des VwGH als verfahrensrechtliche Frist anzusehen. Der angefochtene Beschluss des Landesverwaltungsgerichts Tirol, das die gegenteilige Rechtsansicht vertreten hatte, wurde aus diesem Grund aufgehoben.


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