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Zur ertragswirksamen Auflösung langfristig unbewegter Sparguthaben und zur Anwendbarkeit von § 293b BAO iVm § 4 Abs. 2 Z 2 dritter Teilstrich EStG 1988

Ra 2023/15/0112 vom 24. April 2025

Im Zuge einer abgabenbehördlichen Prüfung wurde festgestellt, dass die Revisionswerberin, eine Bank, in ihren Bilanzen Sparguthaben als Verbindlichkeiten ausgewiesen hatte, die seit über 30 Jahren nicht mehr bewegt worden waren. Der Prüfer vertrat die Auffassung, diese Guthaben seien ertragswirksam aufzulösen, weil die Bilanzierung von Sparguthaben, deren Geltendmachung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht mehr zu erwarten sei, nicht den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung entspräche.

Das Finanzamt erließ daraufhin einen auf § 293b BAO iVm § 4 Abs. 2 Z 2 dritter Teilstrich EStG 1988 gestützten Berichtigungsbescheid zum Körperschaftsteuerbescheid 2012. Mit diesem Bescheid wurden jene Sparguthaben mittels Zuschlägen iSd § 4 Abs. 2 Z 2 erster Teilstrich EStG 1988 erfasst, die ab 1973 nicht mehr bewegt worden waren, weil für diese ab der Bilanz für 2003 kein Bilanzansatz mehr geboten war und das Zu- und Abschlagssystem des § 4 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 erstmals auf Fehler anzuwenden sei, die Veranlagungszeiträume ab 2003 beträfen. Es wurden aber auch jene Sparguthaben erfasst, für die während des Jahres 2012 die Frist von 30 Jahren abgelaufen war.

Das Bundesfinanzgericht (BFG) bestätigte diese Vorgangsweise. Gegen diese Entscheidung erhob die Revisionswerberin außerordentliche Revision an den VwGH.

Vom VwGH war die Frage der bilanziellen Behandlung von Sparguthaben, die mindestens 30 Jahre nicht bewegt worden sind, und die Frage der Anwendbarkeit von § 293b BAO iVm § 4 Abs. 2 Z 2 dritter Teilstrich EStG 1988 auf Bilanzberichtigungen noch nicht verjährter Jahre zu beantworten.

Die Revisionswerberin vertrat unter Bezugnahmen auf das VwGH-Erkenntnis vom 12. Jänner 1993, 89/14/0188, die Auffassung, dass eine verjährte Schuld erst dann ertragswirksam auszubuchen sei, wenn der Schuldner den Entschluss gefasst habe, die nach Eintritt der Verjährung weiterbestehende Naturalobligation nicht mehr zu erfüllen und diesen Willensentschluss durch entsprechende Ausbuchung im Rechenwerk gegenüber der Außenwelt manifestiere. Der VwGH stellte klar, dass er im angeführten Erkenntnis nur ausgesprochen hat, dass fallbezogen auch der (Aus)Buchungsvorgang für den Wegfall einer Verbindlichkeit sprach. Dass ohne diesen Ausbuchungsvorgang zwingend von einer weiterhin bestehenden Last des Schuldners auszugehen wäre, ist aus dem angeführten Erkenntnis nicht ableitbar. Eine Verbindlichkeit ist gewinnerhöhend aufzulösen, sobald unzweifelhaft feststeht, dass sie nicht mehr zu Zahlungen führt. Somit steht auch eine allfällige Absicht des Schuldners, auf die Verjährungseinrede zu verzichten, einer Auflösung der Verbindlichkeiten für sich genommen nicht entgegen.

Strittig war außerdem, ob im Rahmen eines Berichtigungsverfahrens gemäß § 293b BAO iVm § 4 Abs. 2 Z 2 dritter Teilstrich EStG 1988 auch Fehler berichtigt werden dürfen, die sich auf noch nicht verjährte Jahre (hier 2012) beziehen. Der VwGH wies darauf hin, dass die Nichtberücksichtigung von Zu- oder Abschlägen iSd § 4 Abs. 2 Z 2 erster Teilstrich EStG 1988 als offensichtliche Unrichtigkeit iSd § 293b BAO „gilt“. Hierbei handelt es sich um eine Fiktion, mit der § 293b BAO auf Unrichtigkeiten ausgedehnt wird, die weder Inhalt einer Abgabenerklärung noch offensichtlich sind, nämlich auf (nicht berücksichtigte) Zu- oder Abschläge iSd § 4 Abs. 2 Z 2 erster Teilstrich EStG 1988. Der Ansatz von Zu- oder Abschlägen iSd § 4 Abs. 2 Z 2 erster Teilstrich EStG 1988 setzt allerdings einen Fehler voraus, der nur auf Grund der bereits eingetretenen Verjährung nicht mehr steuerwirksam berichtigt werden kann. Daraus erhellt, dass im Rahmen eines Berichtigungsverfahrens nach§ 293b BAO iVm § 4 Abs. 2 Z 2 dritter Teilstrich EStG 1988 nur Fehler bereits verjährter Jahre berichtigbar sind.

Der VwGH hob das angefochtene Erkenntnis des BFG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes auf.


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Volltext der Entscheidung