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Immobilienertragsteuer: Die Grundstücksübertragung unter Angehörigen stellt dann ein entgeltliches Rechtsgeschäft dar, wenn der Erwerber eine Ausgleichszahlung in Höhe von zumindest 75% des Werts der Liegenschaft leistet

Ro 2020/15/0015 vom 16. November 2021

Im vorliegenden Fall übergaben Eltern ihrer Tochter mit einem "Schenkungsvertrag" ein mit einem Wohnhaus bebautes Grundstück und behielten sich das Wohnrecht vor. Für den Erhalt der Liegenschaft verpflichtete sich die Tochter zur Leistung von Ausgleichszahlungen an ihre drei Geschwister. Die Ausgleichszahlungen betrugen ingesamt 75% des Verkehrswertes des übergebenen Grundstücks.

Das Finanzamt setzte für die Übertragung der Liegenschaft die Einkommensteuer (Immobilientragsteuer) fest, weil es davon ausging, dass die Übertragung kein unentgeltlicher, sondern ein entgeltlicher Vorgang gewesen sei.

In der Entscheidung über die dagegen erhobene Beschwerde wertete das Bundesfinanzgericht (BFG) die Übertragung ebenfalls als entgeltlichen Vorgang. Dabei leitete das BFG aus § 20 Abs. 1 Z 4 EStG einen 50%-Überwiegensgrundsatz ab, wonach eine Übergabe bereits dann als entgeltlich (und damit der ImmoESt unterliegend) anzusehen sei, wenn die Gegenleistung zumindest 50% des Verkehrswertes des übertragenen Grundstücks erreiche. Da im gegenständlichen Fall Ausgleichszahlungen in der Höhe von 75% des Verkehrswertes der Liegenschaft geleistet worden seien, liege keinesfalls eine Schenkung vor.

Die sodann erhobene Revision wies der VwGH ab, weil die Entscheidung des BFG im Ergebnis nicht rechtswidrig war.

Es war zwar rechtswidrig, aus § 20 Abs. 1 Z 4 EStG abzuleiten, dass allgemein bereits ab einer Gegenleistungshöhe von 50% ein entgeltliches Rechtsgeschäft anzunehmen wäre. § 20 Abs. 1 Z 4 EStG regelt nämlich nichts anderes als ein Abzugsverbot für bestimmte Rentenzahlungen. Für andere als Rentengeschäfte ist die Abgrenzung zwischen Entgeltlichkeit und Unentgeltlichkeit nach den bereits in der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen - ohne Heranziehung des § 20 Abs. 1 Z 4 EStG - vorzunehmen.

Erreicht die Gegenleistung zumindest 75% des Wertes der übertragenen Sache, ist aber stets von einem entgeltlichen Vorgang auszugehen, es sei denn, es liegen ausnahmsweise ganz besondere Umstände vor, die dennoch einen unentgeltlichen Gesamtcharakter nahelegen.

Im gegenständlichen Fall ging es um eine Liegenschaftsübertragung durch vorweggenommene Erbfolge im Familienverband. Dieser Umstand wäre ein Indiz für die Unentgeltlichkeit. Die Tochter hatte sich aber als Gegenleistung für die Übertragung der Liegenschaft zur Zahlung von 75% des Verkehrswertes an ihre Geschwister verpflichtet. Aufgrund der Zahlung von 75% des Verkehrswerts stand die entgeltliche Komponente deutlich im Vordergrund. Daher hat das BFG die Liegenschaftsübertragung im Ergebnis zu Recht als entgeltliches Rechtsgeschäft und damit als der ImmoESt unterliegende Veräußerung im Sinne des § 30 Abs. 1 EStG qualifiziert.
Der VwGH wies daher die Revision ab.

Download: Volltext der Entscheidung