Der Gebrauch von Cookies erlaubt uns Ihre Erfahrung auf dieser Website zu optimieren. Wir verwenden Cookies zu Statistikzwecken und zur Qualitätssicherung. Durch Fortfahren auf unserer Website stimmen Sie dieser Verwendung zu.

Weitere Informationen

Image-Film abspielen

Information
Sämtliche Entscheidungen ab 1990 sind durchgehend im Rechtsinformationssystem des Bundes (RIS) erfasst. Ältere unveröffentlichte Entscheidungen können gegen Ersatz der Kopierkosten im Servicecenter bestellt werden.

Staatsbürgerschaft: VwGH zu Nachkommen von NS-Verfolgten

Ra 2021/01/0322 vom 31. Jänner 2022

Der vorliegende Fall betrifft einen Nachkommen, dessen Vorfahren auf Grund nationalsozialistischer Verfolgung aus Österreich fliehen mussten. Der Großvater des betroffenen Nachkommen war zunächst gezwungen, 1938 innerhalb Österreichs zu übersiedeln, 1939 floh er schließlich ins heutige Israel.

Der Nachkomme des Großvaters beabsichtigte, zusätzlich zur österreichischen und israelischen Staatsangehörigkeit die Staatsangehörigkeit der Vereinigten Staaten zu erwerben, und beantragte bei der Wiener Landesregierung die Beibehaltung der österreichischen Staatsbürgerschaft gemäß § 28 Staatsbürgerschaftsgesetz (StbG).

Sowohl die Wiener Landesregierung als auch das in weiterer Folge angerufene Verwaltungsgericht Wien wiesen diesen Antrag ab. Der Nachkomme habe weder entsprechende "Leistungen" erbracht noch lägen "besonders berücksichtigungswürdige Gründe" bzw. im Privat- und Familienleben gelegene Gründe vor, welche die Beibehaltung der Staatsbürgerschaft nach § 28 StbG rechtfertigten.

Der Nachkomme wandte sich zunächst an den Verfassungsgerichtshof, der die Behandlung der Beschwerde ablehnte und an den VwGH abtrat.

Nach erhobener Revision setzte sich der VwGH mit der 2019 neu geregelten Möglichkeit des Erwerbs der österreichischen Staatsbürgerschaft durch vom Nationalsozialismus Verfolgte und deren Nachkommen (§ 58c StbG) auseinander. Gemäß § 58c StbG können Personen, die auf Grund nationalsozialistischer Verfolgung aus Österreich fliehen mussten, oder deren Nachkommen die österreichische Staatsbürgerschaft durch Anzeige wiederlangen. Aufgrund des historischen Kontextes beabsichtigte der Gesetzgeber eine Privilegierung dieser Personen beim Erwerb der Staatsbürgerschaft. Daher können diese Personen auch - entgegen der grundsätzlichen Vorstellung des StbG, mehrfache Staatsangehörigkeiten zu vermeiden – ihre bisherigen Staatsangehörigkeiten beibehalten.

Diese Privilegierung in § 58c StbG ist auch bei der Anwendung der Regelungen zur Beibehaltung der Staatsbürgerschaft in § 28 StbG zu beachten. Ein die Beibehaltung der Staatsbürgerschaft rechtfertigender "besonders berücksichtigungswürdiger Grund", der jedenfalls auch (auch) im Interesse der Republik Österreich liegt, besteht somit darin, dass die antragstellende Person ein Nachkomme jener Person ist, die die Staatsbürgerschaft nach § 58c StbG erworben hat oder erwerben hätte können.

Der VwGH hob die angefochtene Entscheidung auf.

Download: Volltext der Entscheidung