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Familienbeihilfe: Familienbeihilfeanspruch bei Studierenden, die Kinder erziehen

Ra 2020/16/0054 vom 29. Juni 2022

Studierende Kinder vermitteln gemäß § 2 Abs. 1 lit. b FLAG einen Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn sie die vorgeschriebene Studienzeit pro Studienabschnitt um nicht mehr als ein Semester überschreiben. Gemäß § 2 Abs. 1 lit. b neuner Satz FLAG hemmen Zeiten des Mutterschutzes sowie die Pflege und Erziehung des eigenen Kindes für eine bestimmte Zeit den Ablauf der Studienzeit. Im vorliegenden Fall forderte das Finanzamt von der Mutter die für ihre Tochter bezogene Familienbeihilfe wegen des Überschreitens der maßgeblichen Studienzeiten zurück. Dass die Tochter bereits vor dem Studienbeginn ein Kind bekommen hatte, könne nicht als Hemmungsgrund berücksichtigt werden.

Die Mutter erhob gegen diesen Bescheid Beschwerde. Sie vertrat den Standpunkt, dass die Geburt ihrer Enkelin berücksichtigt werden müsse und es so zu einer Hemmung der Studienzeit gekommen sei.

Das Bundesfinanzgericht (BFG) folgte der Beschwerde der Mutter nicht. Das BFG war ebenfalls der Ansicht, dass eine Hemmung trete nur dann eintrete, wenn die Studienzeit bereits vor der Geburt des Kindes zu laufen begonnen habe. Zu Beginn des Mutterschutzes sei die Tochter allerdings noch nicht in Ausbildung gestanden (Der Studienbeginn der Tochter war im Oktober 2014, im November 2013 die Geburt der Enkelin).

Die Mutter erhob gegen diese Entscheidung des BFG Revision. Der VwGH gab der Revision statt, hob die angefochtene Entscheidung auf und begründete wie folgt:

Gemäß § 2 Abs. 1 lit. b neuner Satz FLAG hemmen Zeiten des Mutterschutzes sowie die Pflege und Erziehung eines eigenen Kindes bis zur Vollendung des zweiten Lebensjahres den Ablauf der Studienzeit. Es wird aber - entgegen der Ansicht des BFG und auch des Finanzamts - nicht darauf abgestellt, dass die Geburt erst nach Beginn der Berufsausbildung erfolgen darf.

Für die Zeiten des Mutterschutzes sowie der Pflege und Erziehung des eigenen Kindes bis zur Vollendung des zweiten Lebensjahres sieht das Gesetz eine Fortlaufshemmung vor. Im Fall der Geburt eines Kindes nach dem Beginn einer Berufsausbildung sind die Semester, die bereits vor dem Beginn des Hemmungszeitpunktes absolviert wurden, Teil der insgesamt zulässigen Studienzeit. Nach dem Ende des Hemmungszeitraumes darf die noch verbleibende Studienzeit allerdings nicht überschritten werden. Tritt hingegen der Hemmungsgrund noch vor Beginn der gehemmten Frist ein, so schiebt sich der Beginn dieser Frist bis zum Ablauf des Hemmungszeitraumes hinaus. Es steht damit noch die gesamte vorgesehene Frist zur Verfügung.

Es entspricht auch dem Zweck der Bestimmung, dass sich die Zeiten zur Pflege und Erziehung eines Kindes nicht negativ auf den Familienbeihilfeanspruch auswirken sollen. Es macht daher keinen Unterschied, ob das Kind vor oder nach dem Beginn der Berufsausbildung geboren wird. Da die Zeiten während des gehemmten Zeitraumes nicht zu berücksichtigten sind, erwies sich die Entscheidung des BFG als rechtswidrig.


Download: Volltext der Entscheidung