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Einkommensteuer: Vorteilszuwendung an einen Gesellschafter als Einlagenrückgewähr oder als verdeckte Gewinnausschüttung
Ro 2019/13/0027 vom 5. Februar 2021
Im vorliegenden Fall veräußerte eine GmbH eine in ihrem Eigentum stehende Beteiligung. Dabei wurden vom Veräußerungserlös (473.181,80€) 20.000€ an die GmbH ausbezahlt; den restlichen Betrag erhielt der Alleingesellschafter der GmbH. Im Jahresabschluss erfasste die GmbH lediglich die 20.000 € als Veräußerungserlös.
Das Finanzamt wertete die Auszahlung an den Alleingesellschafter als verdeckte Ausschüttung. Es erhöhte den körperschaftsteuerpflichtigen Gewinn der GmbH. Zudem zog es die GmbH zur Haftung für die auf die verdeckte Ausschüttung entfallende Kapitalertragsteuer heran.
Gegen den Bescheid betreffend Haftung für Kapitalertragsteuer erhob die GmbH Beschwerde. Es liege nämlich keine verdeckte Ausschüttung, sondern eine – nicht der KESt unterliegende – Einlagenrückzahlung vor, weil der Gesellschafter vorher einen Gesellschafterzuschuss in Höhe von 100.000€ getätigt habe.
Das Bundesfinanzgericht (BFG) gab der Beschwerde teilweise Folge. Das BFG war der Ansicht, weil und insoweit ein positiver Einlagenstand auf dem Evidenzkonto des Alleingesellschafters bei der GmbH gegeben sei, könne die GmbH die Ausschüttung an den Gesellschafter in eine Einlagenrückzahlung "umdeuten".
Das Finanzamt erhob gegen diesen Entscheidung Revision. Der VwGH hob die Entscheidung des BFG wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit auf und begründete:
Nach der im vorliegenden Fall maßgeblichen Rechtslage stand es der GmbH bei ausreichend vorhandenem Einlagenstand (§ 4 Abs. 12 EStG) frei zu wählen, ob die Zuwendungen an ihren Gesellschafter als Gewinnausschüttung einerseits oder als Einlagenrückzahlung andererseits zu behandeln sind. Dieses Wahlrecht kann aber nur bis zum Ablauf des Kalenderjahres, in welchen die Zuwendung erfolgt ist, ausgeübt werden. Mit Ablauf des Kalenderjahres ist die entsprechende Steuerschuld nämlich entstanden. Die Möglichkeit, die Ausschüttung noch nach dem Entstehen der Steuerschuld als Einlagenrückgewähr zu qualifizieren, sieht das Gesetz hingegen nicht vor.
Da die Voraussetzungen einer verdeckten Ausschüttung erfüllt waren und die GmbH keine rechtzeitige Erklärung abgegeben hatte, dass die Vorteilszuwendung als Einlagenrückgewähr zu behandeln ist, hat das BFG die Vorteilszuwendung zu Unrecht als Einlagenrückgewähr qualifiziert.