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Familienbeihilfe: Der in Österreich erwerbstätige Elternteil, der die Unterhaltskosten für ein in einem anderen Mitgliedstaat beim anderen Elternteil lebendes Kind überwiegend trägt, hat Anspruch auf Familienbeihilfe.

Ro 2018/16/0040 vom 24. Juni 2021

Ein Vater (polnischer Staatsangehöriger) beantragte in Österreich Familienbeihilfe für seinen Sohn. Der Sohn lebt im gemeinsamen Haushalt mit der Mutter in Polen. Der Vater ist in Österreich erwerbstätig und leistet den Unterhalt für seinen Sohn.

Das Finanzamt wies diesen Antrag auf Familienbeihilfe ab. Es vertrat den Standpunkt, § 2 Abs. 2 FLAG sei nicht erfüllt, weil kein gemeinsamer Haushalt zwischen dem Vater und seinem Sohn bestehe.

In seiner Beschwerde brachte der Vater vor, den Unterhalt überwiegend zu tragen, da seine Exfrau nicht berufstätig sei.

Das Bundesfinanzgericht (BFG) wies die Beschwerde des Vaters ab. Das BFG war der Ansicht, dass dem Vater kein Anspruch auf Familienbeihilfe zustehe, sondern der Mutter, weil der Sohn ihrem Haushalt angehöre.

Das Finanzamt erhob gegen diese Entscheidung Revision, die zur Aufhebung durch den VwGH führte. Der VwGH begründete wie folgt:

Grundsätzlich besteht gem. § 5 Abs. 3 FLAG kein Anspruch auf Familienbeihilfe für Kinder, die sich ständig im Ausland aufhalten. Art. 67 der VO 883/2004 verdrängt § 5 Abs. 3 FLAG. Strittig war aber, wie die in Art. 60 Abs. 1. zweiter Satz der VO 987/2009 aufgestellte Fiktion zu beurteilen ist, wonach die Situation der gesamten Familie so zu berücksichtigen ist, als würden alle unter die Rechtsvorschriften des betreffenden Mitgliedsstaates fallen und in diesem wohnen. Nach dieser Fiktion kann der Anspruch einer im anderen Mitgliedstaat ansässigen Person zustehen, sofern alle anderen Voraussetzungen des nationalen Rechts erfüllt sind. Damit bestimmt sich nach nationalem Recht, wer einen Anspruch auf Familienbeihilfe hat. Erst wenn der in Österreich lebende Elternteil keinen Anspruch nach nationalem Recht hat, wird das Wohnsitzerfordernis verdrängt und kommt der Anspruch dem haushaltsführenden Elternteil zu.

Der Vater, der den Unterhalt für das in einem anderen Mitgliedstaat lebende Kind überwiegend trägt, hat gem. § 2 Abs. 2 zweiter Satz FLAG Anspruch auf Familienbeihilfe. Der Anspruch steht auch dann zu, wenn der Elternteil, mit dem das Kind im gemeinsamen Haushalt lebt, weder Wohnsitz noch gewöhnlichen Aufenthalt in Österreich hat.

Indem das BFG den Anspruch des in Österreich erwerbstätigen Vaters aufgrund der Zugehörigkeit des Kindes zum Haushalt der Mutter als verdrängt angesehen hat, hat es die angefochtene Entscheidung mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet.


Download: Volltext der Entscheidung