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Kein Verstoß gegen das Objektivitätsgebot durch den ORF in einer Diskussionssendung zur Bundespräsidentenwahl 2016

Ra 2021/03/0012 vom 16. Februar 2021

Im vorliegenden Fall nahm Mitte Mai 2016 der Revisionswerber als Kandidat bei der Bundespräsidentenwahl 2016 an einer live übertragenen Diskussionssendung des ORF teil.

In dieser Sendung wurde der Revisionswerber von der Moderatorin mit einer seiner früheren Aussagen zu einem Vorfall in Israel konfrontiert. Zusammengefasst behauptete der Revisionswerber, Augenzeuge eines Terroranschlags am Tempelberg geworden zu sein, bei dem eine Frau erschossen worden sei. In der Sendung wurde ihm durch die Moderatorin vorgehalten, diese Aussage stehe im Widerspruch zu den eigenen Recherchen des ORF. Mit der Frage, ob der Revisionswerber hierbei nicht etwas verwechselt habe, räumte ihm die Moderatorin die Möglichkeit ein, diesen Widerspruch auszuräumen und seine Aussage richtig zu stellen. Der Revisionswerber beharrte jedoch auf seiner Aussage.

Im Anschluss legte der Revisionswerber eine Beschwerde bei der Kommunikationsbehörde Austria (KommAustria) ein, mit der Begründung, der ORF habe bei der Gestaltung der Diskussionssendung gegen das Objektivitätsgebot verstoßen.

Die KommAustria sowie das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) wiesen die Beschwerde ab.

Der Revisionswerber erhob gegen das Erkenntnis des BVwG vom 4. Dezember 2020 Revision, in welcher er zunächst vorbrachte, durch die Sendung sei der verzerrte Eindruck entstanden, dass der Revisionswerber gelogen habe. Aufgrund dieser Darstellung sei eine objektive Beurteilung seiner Persönlichkeit mehr möglich gewesen, weshalb der ORF gegen das Objektivitätsgebot verstoßen habe. Der ORF wäre weiters angehalten gewesen, genauer und sorgfältiger bzw. weitergehend zu recherchieren.

Dazu führte der VwGH aus, dass der Revisionswerber vor dem BVwG weder seine Aussage noch die (widersprechenden) Rechercheergebnisse des ORF bestritten hatte. Er hat im Verfahren nicht (mehr) geltend gemacht, Augenzeuge eines Terroranschlags am Tempelberg gewesen zu sein und auch nicht die Feststellung des BVwG angezweifelt, dass sich ein solcher Vorfall in Israel - wie vom ihm geschildert - gar nicht ereignet hatte. Somit steht - nach den unbestrittenen Feststellungen des BVwG - fest, dass die Aussage objektiv unwahr ist.

Der VwGH erkannte hierbei keinen Verstoß gegen das Objektivitätsgebot, wenn dem Revisionswerber in der Sendung eine objektiv unwahre Aussage vorgehalten wurde, ihm die Möglichkeit eingeräumt wurde, diese richtig zu stellen und er auf der Richtigkeit seiner Aussage beharrt und diese verteidigt hatte.

Ein zutreffender sachlicher Hinweis auf eine Unwahrheit in der Aussage eines Diskussionsteilnehmers kann jedenfalls als solcher keine Verletzung des Objektivitätsgebots darstellen. Es ist die Pflicht des ORF, objektiv - und damit wahrheitsgemäß - zu berichten und alle Nachrichten und Berichte sorgfältig auf Wahrheit und Herkunft zu prüfen. Äußert etwa ein Kandidat für ein hohes öffentliches Amt die Unwahrheit, so muss es auch möglich sein, diesen damit zu konfrontieren.

Zu dem Vorwurf, der ORF hätte genauer und sorgfältiger recherchieren müssen, entgegnete der VwGH, dass - nach den Feststellungen des BVwG - der Vorfall, so wie vom Revisionswerber behauptet, nicht stattgefunden hatte. Auch durch weitere Recherche durch den ORF hätte der Vorfall somit niemals verifiziert werden können. Für den VwGH ist nicht nachvollziehbar, wie eine nicht unternommene Recherche zu einem vom Revisionswerber nicht behaupteten Vorfall gegen das Objektivitätsgebot verstoßen könnte.

Zudem war der ORF nicht verpflichtet, auch nach ähnlichen Vorfällen zu recherchieren (tatsächlich ereignete sich am gleichen Tag in der Nähe ein Vorfall mit Schusswaffengebrauch, bei dem es sich jedoch nicht um einen Terroranschlag handelte und bei dem auch keine Frau getötet wurde), die sich außerhalb der unmittelbaren Wahrnehmung des Revisionswerbers ereignet haben. Eine solche Recherche hätte nichts daran geändert, dass die Aussage des Revisionswerbers objektiv unwahr war und diese auch in der Diskussionssendung - unter Möglichkeit der Stellungnahme - thematisiert werden durfte.

Der VwGH wies die Revision zurück.

Download: Volltext der Entscheidung