Der Gebrauch von Cookies erlaubt uns Ihre Erfahrung auf dieser Website zu optimieren. Wir verwenden Cookies zu Statistikzwecken und zur Qualitätssicherung. Durch Fortfahren auf unserer Website stimmen Sie dieser Verwendung zu.

Weitere Informationen

Image-Film abspielen

Information
Sämtliche Entscheidungen ab 1990 sind durchgehend im Rechtsinformationssystem des Bundes (RIS) erfasst. Ältere unveröffentlichte Entscheidungen können gegen Ersatz der Kopierkosten im Servicecenter bestellt werden.

§ 1 StLSG: Eine störende Lärmerregung muss für eine Bestrafung auch ungebührlich sein

Ra 2020/03/0171 vom 24. Februar 2021

Im vorliegenden Fall hielt ein Mann eine Fischzucht im Bezirk Leibnitz. Um Kormorane und Fischreiher zum Schutz seiner Fischereigebiete abzuhalten, betrieb er eine automatische Schussanlage, welche untertags mehrmals in unregelmäßigen Abständen einen Knall abgab, um die Tiere zu verscheuchen. Mehrere umliegende Anrainer fühlten sich durch diesen Lärm gestört und erstatten Anzeige.

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Leibnitz wurde dem Mann angelastet, er habe durch den Betrieb der Schussanlage - aus Sicht der Behörde - in ungebührlicher Weise störenden Lärm erregt und somit gegen § 1 Abs. 1 Steiermärkisches Landes-Sicherheitsgesetz (StLSG) verstoßen. Über ihn wurde eine Strafe in der Höhe von 400 € verhängt.

Die dagegen erhobene Beschwerde des Mannes wurde vom Landesverwaltungsgericht Steiermark (Verwaltungsgericht) abgewiesen. In seiner Begründung hielt das Verwaltungsgericht fest, dass die umliegenden Anrainer den Lärm der Schussanlage als ungebührlich erachtet hätten und stützte sich dabei auf deren Aussagen.

Der Mann erhob gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Revision.

Der VwGH erachtete die Revision als zulässig, weil die Entscheidung von seiner bisherigen Rechtsprechung abwich:

Er verwies auf seine ständige Rechtsprechung nach welcher für eine Bestrafung wegen Lärmerregung der Lärm nicht nur störend, sondern auch ungebührlich sein muss.

Unter störendem Lärm sind wegen ihrer Lautstärke für einen Menschen unangenehm in Erscheinung tretende Geräusche zu verstehen. Lärm ist weiters dann störend, wenn er geeignet ist, das Wohlbefinden normal empfindender Menschen - im Rahmen des täglichen Lebens - zu stören.

Lärm ist dann in ungebührlicher Weise erregt, wenn er durch ein Verhalten erzeugt wird, das jene Rücksichten vermissen lässt, welche von der Umwelt verlangt werden können. So kann etwa im Rahmen eines Landwirtschaftsbetriebs erzeugter Lärm, wenn er im Rahmen einer herkömmlichen Praxis entstanden sowie notwendig ist und er nicht über das bei einer solchen Praxis übliche Maß hinausgeht, als nicht ungebührlich anzusehen sein.

Nach der Rechtsprechung des VwGH ist dabei entscheidend, dass die Lärmerregung nach einem objektiven Maßstab geeignet erscheint, von nicht beteiligten Personen als ungebührlich und störend empfunden zu werden. Es kommt deshalb nicht darauf an, ob bestimmte Personen den Lärm als ungebührlich empfinden. Diese (objektive) Beurteilung erfolgt vielmehr anhand der tatsächlichen Gegebenheiten sowie der Begleitumstände.

Das Verwaltungsgericht stützte sich bei der Beurteilung der Ungebührlichkeit alleine auf das subjektive Empfinden der betroffenen Anrainer. Überdies ließ es auch die Argumentation des Mannes außer Betracht, die Schussanlage sei notwendig, um Schäden an seinen Fischereigebieten zu verhindern. Das Verwaltungsgericht hat somit nicht ausreichend begründet, warum der Lärm (objektiv) als ungebührlich zu beurteilen sei.

Der VwGH hob die angefochtene Entscheidung auf.

Download: Volltext der Entscheidung