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VwGH bestätigt die Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb der 380-kV-"Salzburgleitung"

Ro 2019/04/0021 ua. vom 15. Oktober 2020

Im Februar 2019 erteilte das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) die Genehmigung nach dem Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz zur Errichtung und zum Betrieb des im Bundesland Salzburg liegenden Teils der 380-kV‑Leitung und bestätigte damit den diesbezüglichen Bescheid der Salzburger Landesregierung vom Dezember 2015. Dagegen erhoben zahlreiche Anrainer, Gemeinden und Bürgerinitiativen - zum Teil nach Erhebung von Beschwerden an den Verfassungsgerichtshof, deren Behandlung jeweils abgelehnt wurde - ordentliche Revision an den VwGH.

Mit Erkenntnis vom 15. Oktober 2020 wies der VwGH diese Revisionen als unbegründet ab und bestätigte die Genehmigung für die 380-kV‑Salzburgleitung.

Hauptthemen des Verfahrens waren die Zuständigkeit der Salzburger Landesregierung, die Durchführung einer Strategischen Umweltprüfung sowie Fragen aus den Bereichen Energiewirtschaft, Forstrecht und Naturschutz.

Der VwGH bestätigt die Auffassung des BVwG, wonach sich die behördliche Zuständigkeit zur Entscheidung über den Genehmigungsantrag nicht nach dem Sitz des antragstellenden Unternehmens, sondern nach der Lage der Stromleitung richtet. Dem steht der Umstand, dass sich die Leitung über das Gebiet zweier Bundesländer (Salzburg und Oberösterreich) erstreckt, nicht entgegen. Weder aus der Judikatur des EuGH noch aus derjenigen des VwGH lässt sich ableiten, dass für eine UVP‑Genehmigung nicht mehrere Behörden örtlich zuständig sein können.

Umstritten war im vorliegenden Fall weiters, ob der Netzentwicklungsplan, in dem die elektrizitätswirtschaftlichen Investitionsvorhaben der nächsten Jahre und damit auch die 380-kV‑Salzburgleitung aufgelistet sind, einer Strategischen Umweltprüfung gemäß der entsprechenden EU‑Richtlinie zu unterziehen gewesen wäre und ob eine unterlassene Strategische Umweltprüfung die Rechtswidrigkeit der vorliegenden UVP‑Genehmigung nach sich zieht. Der VwGH teilt im Hinblick auf das Urteil des EuGH vom 25.6.2020, C‑24/19, zwar nicht die Auffassung des BVwG, wonach die unterlassene Strategische Umweltprüfung betreffend den Netzentwicklungsplan nicht auf die UVP‑Genehmigung durchschlage. Allerdings kann der VwGH nach diesem und anderen EuGH-Urteilen den unionsrechtlichen Vorgaben auch dadurch Rechnung tragen, dass die Rechtmäßigkeit der UVP‑Genehmigung unter Aussetzung - somit ohne Heranziehung - des Netzentwicklungsplans überprüft wird. Im Ergebnis verneint der VwGH - ungeachtet der Verpflichtung des Netzbetreibers, die darin aufgelisteten Projekte unter Beachtung der vorgesehenen räumlichen und technischen Parameter zu beantragen - eine Bindung im UVP‑Genehmigungsverfahren an den Netzentwicklungsplan. Soweit die Aufnahme eines Projektes in den Netzentwicklungsplan ein öffentliches Interesse daran nahe legt, ist im vorliegenden Fall entscheidend, dass das Projekt auch in der - eine unmittelbar anwendbare unionsrechtliche Regelung darstellen - Unionsliste der Vorhaben von gemeinsamem Interesse enthalten ist und dies als Rechtsgrundlage für die Annahme eines öffentlichen Interesses heranzuziehen ist.

Die angefochtene UVP‑Genehmigung erweist sich somit auch unter Außerachtlassung des Netzentwicklungsplans als rechtmäßig, weshalb es auf die Frage, ob der Netzentwicklungsplan einer Strategischen Umweltprüfung zu unterziehen gewesen wäre, nicht ankommt. Da sich diese Rechtsfrage im vorliegenden Verfahren somit nicht stellt und der VwGH im Übrigen den Vorgaben des EuGH entsprechend mit einer Aussetzung des Netzentwicklungsplans vorgegangen ist, bestand auch keine Notwendigkeit, ein Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH zu richten.

Beim Themenbereich Energiewirtschaft bestätigt der VwGH das Vorliegen eines besonderen öffentlichen Interesses an der 380-kV‑Salzburgleitung. Für die Frage, ob ein Erdkabel eine dem Stand der Technik entsprechende erprobte Alternativlösung darstellt, wurde zutreffend auf die besonderen technischen Anforderungen der hier gegenständlichen Ringleitung abgestellt. Die auf die Sachverständigengutachten gestützte Auffassung des BVwG, es handle sich bei einer Verkabelung vorliegend um keine derartige geeignete Alternative, ist für den VwGH daher nicht zu beanstanden.

Zum Themenbereich Forstrecht legt der VwGH dar, dass sich aus der (von den revisionswerbenden Parteien ins Treffen geführten) Judikatur des EuGH und des VwGH zur Frage des Bestehens einer UVP‑Pflicht für die hier gegenständliche Frage, wie Rodungen bzw. Trassenaufhiebe (Fällungen von Bäumen bei fehlendem Abstand zur Leitung) im Zuge einer UVP zu behandeln sind, nichts ableiten lässt. Es ist - auch im Hinblick auf die bei Trassenaufhieben bestehende Pflicht zur Wiederbewaldung - nicht zu beanstanden, wenn die Auswirkungen eines konkreten Projektes fallbezogen geprüft und Rodungen und Trassenaufhiebe insoweit nicht schematisch gleich behandelt werden.

Im Zusammenhang mit dem artenschutzrechtlichen Verbot der Tötung von Tieren, hier Vögeln, führt der VwGH aus, dass ein Inkaufnehmen einer Tötung nur dann vorliegt, wenn sich durch das Projekt (hier die 380-kV‑Salzburgleitung) das Risiko der Tötung für ein Exemplar gegenüber dem allgemeinen Naturgeschehen signifikant erhöht. Dabei können mit dem Projekt verbundene sogenannte schadensmindernde Maßnahmen (wie fallbezogen etwa die Ausführung und Markierung der Seile oder die Trassenführung) berücksichtigt werden. Dass das BVwG gestützt auf die eingeholten Sachverständigengutachten die Verwirklichung der Verbotstatbestände - ebenso wie das Vorliegen eines faktischen Vogelschutzgebietes - verneint hat, ist für den VwGH nicht zu beanstanden.

Soweit in den Revisionen schließlich noch Verfahrensrügen im Zusammenhang mit den Sachverständigengutachten, der Beweiswürdigung oder der Begründung erhoben wurden, hält der VwGH fest, dass die Beweiswürdigung und die Begründung den Anforderungen an eine nachprüfende Kontrolle genügen bzw. kein - für das Ergebnis - relevanter Begründungsmangel aufgezeigt wird.

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