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Zur Überprüfung mündlich verkündeter Entscheidungen

Ra 2019/14/0558-0560 vom 23. September 2020

Der VwGH setzte sich mit der Frage auseinander, ob die Rechtmäßigkeit von Entscheidungen der Verwaltungsgerichte allein an den bei der mündlichen Verkündung mitgeteilten Gründen (Verhandlungsniederschrift), oder (auch) an der schriftlichen Ausfertigung der Entscheidung zu messen ist.

Dazu führte er unter Hinweis auf bisherige Rechtsprechung aus, dass wenn, erstens, die Entscheidung nur mündlich verkündet wurde, ohne dass eine schriftliche Ausfertigung erfolgte, die mündliche Verkündung der schriftlichen Zustellung gleichzuhalten ist. Mit der Verkündung wird die Entscheidung rechtlich existent und kann auch vor dem VwGH mittels Revision angefochten werden. Diese Anfechtung verbraucht das Revisionsrecht (weshalb bei nachträglicher Zustellung der schriftlichen Ausfertigung nicht nochmals eine Revision erhoben werden kann - siehe aber unten).

Maßgeblich für die Überprüfung der mündlich verkündeten Entscheidung durch den VwGH ist die Urkunde (Verhandlungsniederschrift), in welcher die Tatsache über die mündliche Verkündung und die wesentliche Begründung festzuhalten ist. Die Entscheidung gilt auch dann als erlassen, wenn die Begründung in der Niederschrift fehlt, grob lückenhaft ist oder auf eine (spätere) schriftliche Ausfertigung verweist. Dies kann wiederum allenfalls einen Verfahrensmangel darstellen, der vom VwGH wahrgenommen werden kann, wobei an eine solche Begründung in der Niederschrift geringere Anforderungen als in einer schriftlichen Ausfertigung zu stellen sind.

Zur Erhebung einer Revision muss ein Antrag auf schriftliche Ausfertigung gestellt werden. Wenn trotz eines solchen Antrages die schriftliche Ausfertigung nicht erfolgt, so misst der VwGH die Rechtmäßigkeit der Entscheidung nur anhand der mündlich verkündeten Entscheidungsgründe.

Wird wiederum, zweitens, eine Entscheidung mangelhaft mündlich verkündet, folgt aber eine schriftliche Ausfertigung nach, so können durch die schriftliche Ausfertigung etwaige Mängel der mündlichen Verkündung geheilt werden (Wegfall der "Relevanz"). Lediglich in Ausnahmefällen - wie etwa einer schriftlichen Ausfertigung durch eine andere Richterin bzw. einem anderen Richter bei fehlender Begründung der mündlichen Verkündung - können Fehler der mündlichen Verkündung nicht durch die schriftliche Ausfertigung beseitigt werden.

Mit Zustellung der schriftlichen Ausfertigung beginnt die Revisionsfrist (erneut) zu laufen, weshalb Parteien auch dann eine Revision erheben können, wenn sie nach der mündlichen Verkündung die Revisionsfrist zunächst verstreichen haben lassen, sofern rechtzeitig ein Antrag auf schriftliche Ausfertigung gestellt wurde. Erfolgt eine schriftliche Ausfertigung nach erhobener Revision, können die Parteien zwar keine weitere Revision einbringen. Es steht ihnen aber frei, ihre bisherige Revision inklusive neuer Zulässigkeitsgründe zu ergänzen.

Weicht schließlich, drittens, die schriftliche Ausfertigung von der mündlichen Verkündung ab, ist zu unterscheiden, ob die Abweichung im Spruch oder in der Begründung liegt. Liegt die Abweichung im Spruch (mit anderem normativen Inhalt) vor, dann ist die Entscheidung wegen Verstoßes gegen die Unwiederholbarkeit und die Unabänderlichkeit von Entscheidungen schon aus diesem Grund rechtswidrig. Liegt anderenfalls eine wesentliche Abweichung in der Begründung vor, sodass nicht nachvollzogen werden kann, welche Überlegungen für die Entscheidung ausschlaggebend waren, liegt ein (relevanter) Begründungsmangel vor. Bloße Ergänzungen des Spruches oder Begründung schaden dabei nicht.

Download: Volltext der Entscheidung