Navigation

Inhalt
Behandlung von Anzahlungen bei Istbesteuerung in Verbindung mit der Kleinunternehmerregelung
Ro 2015/15/0037 vom 1. Juni 2017
In der Umsatzsteuer gilt als Kleinunternehmer ein Unternehmer, dessen Umsätze im betreffenden Jahr 30.000 € nicht übersteigen; Kleinunternehmer sind von der Umsatzsteuer befreit.
Im konkreten Revisionsfall begann eine Wassergenossenschaft im Jahr 2010 mit dem Bau einer Abwasserbeseitigungsanlage. Bereits im Jahr 2009 (also vor Baubeginn) schrieb sie ihren Mitgliedern einen Teil von ca 30.000 € der diesbezüglichen Anschlussgebühren in der Höhe vor und vereinnahmte diesen auch im selben Jahr. Die Wassergenossenschaft unterwarf die im Jahr 2009 vereinnahmten Anschlussgebühren aber nicht der Umsatzsteuer. Das begründete sie damit, dass sie im Jahr 2009 - im Gegensatz zum Jahr 2010 und den Folgejahren - die Kleinunternehmergrenzen nicht überschritten hatte und daher für das Jahr 2009 nicht zur Abfuhr von Umsatzsteuer verpflichtet war.
Das Finanzamt nahm mit Umsatzsteuerbescheid 2009 für die in diesem Jahr vereinnahmten Anschlussgebühren der Wassergenossenschaft Umsatzsteuerpflicht an. Zur Begründung führte es aus, die Kleinunternehmerregelung sei nicht anzuwenden, weil sich die Steuerpflicht nach den Verhältnissen im Zeitpunkt der Leistungserbringung richte und die Wassergenossenschaft ihre Leistung im Jahr 2010 erbracht habe. Das Bundesfinanzgericht wies die Beschwerde der Wassergenossenschaft ab.
Der VwGH bestätigte das Ergebnis, dass die im Jahr 2009 vereinnahmten Anschlussgebühren der Umsatzsteuer unterliegen. Er beurteilte die im Jahr 2009 vereinnahmten Beträge als Anzahlungen der Mitglieder der Genossenschaft auf die im Jahr 2010 erfolgten Leistungen in Form des Bereitstellens einer Abwasserbeseitigungsanlage. Das umsatzsteuerliche Schicksal einer Anzahlung hängt am nachfolgend tatsächlich bewirkten Umsatz, für den die Anzahlung geleistet wird. Diese Verknüpfung mit dem Umsatz gilt auch für die Kleinunternehmerregelung. Daher richtet sich die Besteuerung der Anzahlungen nach den Verhältnissen (insbesondere vom Jahresumsatz) des Jahres, für das die Anzahlung als geleistet wurde. Die Anzahlungen bezogen sich im Revisionsfall auf Leistungen, welche die Wassergenossenschaft im Jahr 2010 erbrachte. Da im Jahr 2010 die Kleinunternehmerregelung auf die Wassergenossenschaft nicht anwendbar war, weil sie ab diesem Jahr die Umsatzgrenze überschritten hatte, war von den im Jahr 2009 geleisteten Anschlussgebühren Umsatzsteuersatz zu entrichten. Der VwGH wies daher die Revision als unbegründet ab.