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Grenzüberschreitende Arbeitskräfteüberlassung: Keine EU-rechtlichen Bedenken gegen die Verpflichtung zur Bereithaltung von Lohnunterlagen
Ra 2016/11/0164 vom 28. Februar 2017
Zufolge § 7d Abs. 1 und 2 AVRAG müssen inländische Beschäftigerinnen und Beschäftiger von grenzüberschreitend überlassenen Arbeitskräften - bei verwaltungsrechtlicher Strafdrohung - bestimmte Lohnunterlagen (etwa zur Lohneinstufung) an deren Arbeits- bzw. Einsatzort in deutscher Sprache bereithalten.
Im Verfahren vor dem VwGH wurde die Frage aufgeworfen, ob diese Verpflichtung mit dem EU-Recht (im Besonderen: der Freiheit des Dienstleistungsverkehrs) vereinbar ist.
Der VwGH hegte in dieser Entscheidung keine derartigen Bedenken: Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes verfolgt die Verpflichtung ein im Allgemeininteresse liegendes Ziel, nämlich den sozialen Schutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und die Kontrolle der Gewährleistung dieses Schutzes. Außerdem ermöglicht sie Kontrollorganen erst, am Arbeits- bzw. Einsatzort jene Erhebungen durchzuführen, die erforderlich sind, um die Einhaltung der Entgeltbestimmungen zum Schutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu gewährleisten.
Unter dem Blickwinkel des EU-Rechts unbedenklich ist auch der Umstand, dass die Lohnunterlagen bereits ab dem ersten Arbeitstag am Arbeitsort bereitgehalten werden müssen. Nur auf diese Weise ist nämlich eine effektive Kontrolle auch hinsichtlich solcher entsendeter Arbeitskräfte möglich, die am Arbeitsort nur für kurze Zeit beschäftigt werden.
Im Falle eines Verstoßes gegen diese Bereithaltungspflicht ist zwar ein Absehen von der Strafe (bei allfälliger Ermahnung des Beschuldigten) prinzipiell möglich, aber nur bei geringfügigem Verschulden und unbedeutenden Folgen der Übertretung.
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