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Richtigkeitsvermutung für den von Sozialversicherungsträgern und Ärztekammern festgelegten "Stellenplan" für Vertragsärztinnen- und -ärztestellen
Ra 2016/08/0114 vom 19. Jänner 2017
Nach der geltenden Rechtslage werden Zahl und örtliche Verteilung von Vertragsärztinnen und -ärzten ("Kassenärztinnen" und "Kassenärzten") in einem "Stellenplan" festgesetzt. Dieser "Stellenplan" ist Gegenstand einer Regelung der "Gesamtverträge", die zwischen dem Hauptverband der Sozialversicherungsträger und der zuständigen Ärztekammer geschlossen werden.
Der VwGH befasste sich in dieser Entscheidung mit der Frage, inwieweit ein solcher "Stellenplan" im Nachhinein auch gegen den Willen einer der Vertragspartner angepasst werden kann. Anlass dafür bot eine Revision der Ärztekammer für Kärnten, die im Zusammenhang mit der unterbliebenen Nachbesetzung einer Fachärztinnen- oder Facharztstelle für Radiologie erhoben worden war.
Dazu hielt der VwGH fest, dass der Gesetzgeber die Gestaltung des "Stellenplans" dem vertraglichen Zusammenwirken von Sozialversicherungsträgern und Ärztekammern anvertraut hat. Ähnlich dem sozialpartnerschaftlichen Abschluss von Kollektivverträgen kommt diesem Zusammenwirken eine besondere Richtigkeitsvermutung zu. Das Gericht (bzw. die Verwaltungsbehörde) hat grundsätzlich von einer ursprünglichen Richtigkeit des "Stellenplans" auszugehen. Aus Anlass eines Verfahrens nach § 343 Abs. 1b ASVG darf es nicht selbst eine gänzlich neue Stellenplanung mit eigenständiger, von der ursprünglichen Stellenplanung allenfalls abweichender sozialpolitischer Gewichtung vornehmen.
Eine Anpassung des "Stellenplans" ist aber möglich, wenn seit dem Zeitpunkt der Einigung über die für eine Besetzung zur Verfügung gestellten Stellen wesentliche Änderungen eingetreten sind. Diese wesentlichen Änderungen können entweder den Bedarf an ärztlicher Versorgung oder die zur Verfügung stehenden ambulanten Versorgungsstrukturen betreffen.
Im konkreten Fall hat das - im Rechtszug angerufene - Bundesverwaltungsgericht die Auffassung vertreten, dass eine im ursprünglichen Stellenplan vorgesehene Fachärztinnen- oder Facharztstelle für Radiologie nicht nachzubesetzen sei. Es hatte allerdings nicht festgestellt, dass seit der letzten Einigung über den "Stellenplan" wesentliche Änderungen eingetreten wären, sodass der VwGH die Entscheidung nun wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufgehoben hat.
Download: Volltext der Entscheidung