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Frühere Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der Europäischen Union können im Archiv eingesehen werden.

23.6.2025 Führt die Einbringung bebauter Liegenschaften eines Einzelunternehmens in seine Einpersonengesellschaft zur Berichtigung des Vorsteuerabzugs?

EU 2025/0002 (Ro 2024/13/0020) vom 28. Mai 2025

Der Revisionswerber führte ein Einzelunternehmen, zu dessen Vermögen unter anderem mehrere bebaute Liegenschaften gehörten. Die bebauten Liegenschaften wurden zur Erzielung von umsatzsteuerpflichtigen Umsätzen (Vermietung) verwendet. Der Revisionswerber brachte das Vermögen des Einzelunternehmens im Jahr 2007, ohne Gewährung neuer Anteile, in eine GmbH - deren alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer er war - ein. Dem Einbringungsvertrag zufolge sollte die Einbringung unter Anwendung des Art. III UmgrStG erfolgen und diese Einbringung insbesondere nicht als steuerbarer Umsatz nach dem UStG 1994 beurteilt werden.

Das Finanzamt setzte die Umsatzsteuer für das Jahr 2007 abweichend von der Abgabenerklärung des Revisionswerbers fest. Es ging davon aus, die Voraussetzungen des Art. III UmgrStG lägen nicht vor, weil die Tätigkeit des Revisionswerbers nicht als gewerbliche Vermietung, sondern als Vermögensverwaltung anzusehen sei, somit stelle die Einbringung der Liegenschaft einen Tausch gegen die Gewährung von Anteilen dar. Deshalb habe eine Berichtigung des Vorsteuerabzuges zu erfolgen.

Gegen diesen Bescheid erhob der Revisionswerber Beschwerde, in der er vorbrachte, es liege eine Betriebseinbringung nach dem UmgrStG vor. Selbst bei Unanwendbarkeit des UmgrStG liege kein Tatbestand der unter das Umsatzsteuerrecht falle, vor. Es liege, mangels Ausgabe neuer Gesellschaftsanteile, jedenfalls kein Tausch, des Weiteren auch keine Entnahme vor. Die zur Vorsteuerberichtigung angesetzten Beträge seien überhöht.

Das Bundesfinanzgericht gab der Beschwerde nur der Höhe nach Folge. Es führte aus, dass mangels einbringungsfähigen Vermögens die Begünstigungen nach Art. III UmgrStG nicht anwendbar seien. Es stimmte jedoch der Ansicht des Revisionswerbers zu, dass die Sacheinlage umsatzsteuerlich nicht steuerbar sei und daher keine Entnahme oder Tausch vorliege. Der Revisionswerber habe zu Recht Vorsteuern abgezogen. Wenn sich die Verhältnisse hinsichtlich der Verwendung der Vorleistungen ändern, könne eine Berichtigung des Vorsteuerabzugs gemäß § 12 Abs. 10 und 11 UStG 1994 erfolgen. Da die eingebrachten Liegenschaften zuvor im steuerpflichtigen Unternehmensbereich genutzt wurden, habe die nicht steuerbare Einlage zu einer relevanten Änderung der Verhältnisse geführt. Daher sei die von der Behörde vorgenommene Vorsteuerkorrektur dem Grunde nach gerechtfertigt gewesen.

Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die nunmehrige Revision, in der der Revisionswerber vorbringt, im Zuge der Einbringung sei ein nicht steuerbarer Vorgang verwirklicht worden, dieser löse aber keine Vorsteuerberichtigung aus. Es liege keine Änderung der Verhältnisse nach § 12 Abs. 10 UStG 1994, sondern eine nichtsteuerbare Übertragung eines Gesamtvermögens im Sinne des Art. 19 der Mehrwertsteuerrichtlinie vor, daher sei keine Vorsteuerkorrektur vorzunehmen.

In der Revisionsbeantwortung führt das Finanzamt insbesondere aus, die Sacheinlage des Revisionswerbers sei als steuerbarer Umsatz anzusehen, dieser sei mangels Option zur Steuerpflicht unecht von der Umsatzsteuer befreit, was zur Folge habe, dass zwingend eine Vorsteuerberichtigung vorzunehmen sei. Auch bei einem unentgeltlichen Vorgang wären dieselben Konsequenzen zu ziehen, denn auch eine Entnahme wäre unecht steuerbefreit.

Der Verwaltungsgerichtshof hat dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) dazu nunmehr ein Vorabentscheidungsersuchen vorgelegt. Der EuGH soll insbesondere klären, ob die ohne gesondertes Entgelt erfolgende Einbringung steuerpflichtig vermieteter Grundstücke in eine Gesellschaft, an der der Einbringende allein beteiligt ist, eine Lieferung gegen Entgelt oder eine Entnahme im Sinne der Mehrwertsteuerrichtlinie darstellt.

Zudem soll der EuGH entscheiden, ob Art. 19 der Mehrwertsteuerrichtlinie einer nationalen Bestimmung entgegensteht, die die Übertragung von Gesamt- oder Teilvermögen nur in Fällen einer Umgründung so behandelt, als ob keine Lieferung von Gegenständen vorliegt, und ob sich ein Steuerpflichtiger unmittelbar auf Art. 19 der Mehrwertsteuerrichtlinie berufen kann, wenn das nationale Recht die Übertragung von Vermögen, aus dem Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielt werden, ausschließt.

Volltext des Beschlusses

Die Vorlagefragen im Wortlaut

1. Ist Art. 2 Abs. 1 lit. a der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (Mehrwertsteuerrichtlinie) dahin auszulegen, dass die Einbringung von bebauten Liegenschaften durch einen Steuerpflichtigen, der diese Liegenschaften bisher durch Vermietung steuerpflichtig (zum Vorsteuerabzug berechtigend) verwendet hat, in eine Gesellschaft, deren einziger Gesellschafter er ist (sodass für diese Einbringung keine zusätzlichen Gesellschaftsanteile eingeräumt werden), als Lieferung von Gegenständen gegen Entgelt zu beurteilen ist?

2. Falls Frage 1 mit Nein beantwortet wird: Ist Art. 16 Abs. 1 der Mehrwertsteuerrichtlinie dahin auszulegen, dass der zur ersten Frage geschilderte Vorgang eine der Einbringung vorangehende Entnahme eines Gegenstands durch einen Steuerpflichtigen aus seinem Unternehmen als unentgeltliche Zuwendung oder allgemein für unternehmensfremde Zwecke bewirkt?

3. Steht Art. 19 der Mehrwertsteuerrichtlinie einer nationalen Bestimmung entgegen, die die Übertragung von Gesamt- oder Teilvermögen (Betrieben oderTeilbetrieben) nur in Fällen einer Umgründung (die nach dem nationalen Recht nur dann vorliegt, wenn dieses Vermögen der Erzielung bestimmter Einkunftsarten nach dem nationalen Ertragsteuerrecht dient) so behandelt, als ob keine Lieferung von Gegenständen vorliegt?

4. Kommt dem Art. 19 der Mehrwertsteuerrichtlinie unmittelbare Wirkung zu, sodass sich ein Steuerpflichtiger vor einem nationalen Gericht gegenüber der zuständigen Steuerbehörde auf den Grundsatz der Nicht-Lieferung berufen kann, wenn der nationale Gesetzgeber vor dem Beitritt des Mitgliedstaats zur Europäischen Union eine Regelung eingeführt und seither beibehalten hat, die nur auf bestimmte Fälle, hingegen nicht auf Unternehmensvermögen, das der Erzielung von Einkünften (nach dem nationalen Ertragsteuerrecht) aus Vermietung und Verpachtung dient, anwendbar ist?