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23.07.2025 : Vorabentscheidungsersuchen: Ist die Körperschaftsteuerpflicht von Privatstiftungen, die Zuwendungen an im Ausland ansässige Begünstigte tätigen, unionsrechtswidrig?
Ro 2024/15/0016 (EU 2025/0003) vom 24. Juni 2025
Der VwGH hat dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) gem. Art. 267 AEUV eine Vorlagefrage betreffend die Körperschaftsteuer von Privatstiftungen, welche Zuwendungen an in anderen Staaten ansässige Begünstigte tätigen, vorgelegt (Beschluss vom 24. Juni 2025).
Eine österreichische Privatstiftung erzielte im Jahr 2014 Einkünfte aus Kapitalvermögen, die als eigene Schedule nach § 13 Abs. 3 KStG 1988 dem Steuersatz nach § 22 Abs. 2 KStG 1988 unterliegen. Für die Ermittlung der Körperschaftsteuer 2014 verringerte sie die Einkünfte dieser Schedule um die im Jahr 2014 getätigten Zuwendungen an in der Schweiz ansässige Begünstigte.
Bei Festsetzung der Körperschaftsteuer 2014 unterließ es das Finanzamt, die Einkünfte nach § 13 Abs. 3 KStG 1988 um die Zuwendungen an die in der Schweiz ansässigen Begünstigten zu reduzieren. Auch eine Entlastung von der Körperschaftsteuer nach § 22 Abs. 2 KStG 1988 erfolgte nicht. Zur Begründung verwies das Finanzamt auf § 13 Abs. 3 vorletzter Satz KStG 1988 und führte aus, aufgrund des Doppelbesteuerungsabkommens (DBA) Österreich – Schweiz unterlägen die Schweizer Begünstigten mit diesen Zuwendungen keiner Einkommensbesteuerung in Österreich und damit auch keiner Kapitalertragsteuer.
Das Bundesfinanzgericht gab einer Beschwerde der Privatstiftung gegen den Körperschaftsteuerbescheid 2014 unter Verweis auf das EuGH-Urteil vom 17. September 2015, F.E. Familienprivatstiftung Eisenstadt, C-589/13, Folge. Es vertrat den Standpunkt, zwar sei im gegenständlichen Fall ‑ anders als in dem dem genannten EuGH-Urteil zugrundeliegenden Ausgangsverfahren ‑ das KStG 1988 bereits in der durch das Abgabenänderungsgesetz 2015 (AbgÄG 2015) geänderten Fassung anzuwenden. § 13 Abs. 3 KStG 1988 verstoße aber ‑ nach Meinung des Bundesfinanzgerichts ‑ auch in der novellierten Fassung gegen die unionsrechtliche Kapitalverkehrsfreiheit.
Das Finanzamt erhob Revision an den VwGH und machte geltend, durch die mit dem AbgÄG 2015 vorgenommene Novellierung der Regelung sei die Einmalbesteuerung der in § 13 Abs. 3 KStG 1988 genannten Schedule von Einkünften der Privatstiftung konsequent umgesetzt worden. Eine Unionsrechtswidrigkeit liege nicht mehr vor, weil durch die Neuregelung Privatstiftungen mit Zuwendungen an ausländische Begünstigte und Letztbegünstigte nicht schlechter gestellt würden als Privatstiftungen mit Zuwendungen an inländische Begünstigte und Letztbegünstigte.
Der VwGH ersucht den EuGH nun zu klären, ob der in der Dividenden-Rechtsprechung aufgestellte Grundsatz des „source country entitlement“ auch bei Konstellationen wie der gegenständlichen zum Tragen kommt. Im Mittelpunkt steht die Frage, ob die unterschiedliche steuerliche Behandlung von Privatstiftungen, die kapitalertragsteuerpflichtige Zuwendungen an gebietsansässige Begünstigte leisten, und von Privatstiftungen, die (aufgrund eines DBA) nicht der Kapitalertragsteuer unterliegende Zuwendungen an gebietsfremde Begünstigte tätigen, eine Verletzung der Kapitalverkehrsfreiheit begründen kann.
Die Vorlagefrage im Wortlaut:
Steht Art. 63 AEUV einer Steuerregelung eines Mitgliedstaates wie der im Ausgangsverfahren anzuwendenden entgegen, nach der eine im Inland ansässige Privatstiftung auf bestimmte Einkünfte (insbesondere Zinserträge, Erträge aus Beteiligungsveräußerungen und Liegenschaftsveräußerungen) Körperschaftsteuer zu entrichten hat, ihr diese Körperschaftsteuer aber insoweit erstattet wird, als sie Zuwendungen (Schenkungen) an Begünstigte tätigt und diese Zuwendungen der inländischen Kapitalertragsteuer unterliegen, sodass die Erstattung dieser Körperschaftsteuer unterbleibt, insoweit die Begünstigten mit den empfangenen Zuwendungen (aufgrund einer innerstaatlichen Befreiungsbestimmung oder aufgrund eines Doppelbesteuerungsabkommens) nicht der Kapitalertragsteuer unterliegen?