Der Gebrauch von Cookies erlaubt uns Ihre Erfahrung auf dieser Website zu optimieren. Wir verwenden Cookies zu Statistikzwecken und zur Qualitätssicherung. Durch Fortfahren auf unserer Website stimmen Sie dieser Verwendung zu.

Weitere Informationen

Image-Film abspielen

Information
Frühere Anfechtungsanträge an den Verfassungsgerichtshof können im Archiv eingesehen werden.

1.2.2024 Ist die Zuständigkeit der Datenschutzbehörde für die datenschutzrechtliche Aufsicht der Staatsanwaltschaften verfassungswidrig?

A 2023/0006-0008 (Ro 2020/04/0016 ua) vom 1. Februar 2024, G 212/2023 ua

Die Ausgangsfälle betrafen jeweils die Verarbeitung personenbezogener Daten durch eine Staatsanwaltschaft, hinsichtlich derer die Datenschutzbehörde bzw. das Bundesverwaltungsgericht eine Verletzung im Recht auf Geheimhaltung feststellten. Dagegen wandten sich die Staatsanwaltschaften mit Revisionen an den VwGH.

Der VwGH hat jeweils die Frage zu klären, ob die Datenschutzbehörde zur amtswegigen Überprüfung der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Staatsanwaltschaft zuständig war. Dabei entstanden beim VwGH Zweifel darüber, ob die Regelungen, mit denen die Zuständigkeit der Datenschutzbehörde auch für Staatsanwaltschaften geregelt wird, verfassungskonform sind.

Mit den betreffenden Bestimmungen des Datenschutzgesetzes (DSG) wurden Bestimmungen der Richtlinie (EU) 2016/680 (JI-Datenschutzrichtlinie bzw. DSRL) umgesetzt. Zusammengefasst regelt die DSRL den Datenschutz in den Bereichen innere Sicherheit, Polizei, Staatsanwaltschaften und Gerichte den Grundsätzen der DSGVO entsprechend.

Gemäß § 31 Abs. 1 DSG wird die Datenschutzbehörde als nationale Aufsichtsbehörde eingerichtet, wobei von ihrer Zuständigkeit die Aufsicht über die von Gerichten im Rahmen ihrer justiziellen Tätigkeit vorgenommenen Datenverarbeitungen ausgenommen ist (die durch Gerichte im Rahmen ihrer justiziellen Tätigkeit vorgenommene Datenverarbeitung wird wiederum durch Gerichte kontrolliert). Der VwGH vertritt die Ansicht, dass es sich bei den (österreichischen) weisungsgebundenen Staatsanwaltschaften weder um Gerichte noch um unabhängige Justizbehörden im Sinne des Art. 45 DSRL handelt. Eine unionsrechtliche Auslegung dahingehend, dass die Staatsanwaltschaften von der Zuständigkeit der Aufsichtsbehörde (im Sinne der DSRL, also hier: der österreichischen Datenschutzbehörde) ausgenommen sind, ist daher nicht möglich.

Gemäß Art. 90a B‑VG sind Staatsanwältinnen und Staatsanwälte Organe der Gerichtsbarkeit. Der VwGH nimmt an, dass das Handeln der – ihr organisatorisch zuzurechnenden – Staatsanwaltschaften auch funktionell der Justiz zuzurechnen ist. Art. 94 Abs. 1 B-VG bestimmt wiederum, dass die Justiz von der Verwaltung in allen Instanzen getrennt ist. Daraus ergeben sich etwa das Verbot von Mischbehörden oder Parallelzuständigkeiten sowie der Ausschluss von wechselseitigen Instanzenzügen oder Weisungen bzw. Anordnungen.

Der VwGH geht davon aus, dass die Zuständigkeit der Datenschutzbehörde (als Teil der Verwaltung) für die Aufsicht der Staatsanwaltschaften (als Teil der Justiz) - ohne verfassungsrechtliche Grundlage - gegen den Grundsatz der Trennung von Justiz und Verwaltung nach Art. 94 Abs. 1 B-VG widerspricht.

Er beantragte daher beim Verfassungsgerichtshof die Aufhebung der entsprechenden verfassungswidrigen Bestimmungen des DSG.


Volltext des Beschlusses (Ro 2020/04/0016)

Volltext des Beschlusses (Ro 2021/04/0013)

Volltext des Beschlusses (Ra 2022/04/0167)

Der VfGH wies die Anträge mit Erkenntnis vom 13. Dezember 2023, G 212/2023 ua, ab.

In weiterer Folge sprach der VwGH aus, dass die Datenschutzbehörde zur Überprüfung der Staatsanwaltschaft zuständig war und hob die angefochtene Entscheidung mit Erkenntnis vom 1. Februar 2024, Ro 2020/04/0016, auf bzw. wies die Revision mit Erkenntnis vom 1. Februar 2024, Ro 2021/04/0013, ab.