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Einkommen- und Umsatzsteuer: Leasing als Kauf oder Miete - Zurechnung des Leasingobjektes

Ra 2017/15/0071 vom 30. April 2019

In diesem Fall wurde ein Bankgebäude durch eine Leasinggesellschaft auf einem der Bank gehörenden Grundstück (auf Grund eines Baurechts) errichtet. Vorher hatte die Bank der Leasinggesellschaft ein Baurecht auf diesem Grundstück eingeräumt, was die Voraussetzung für die Möglichkeit des vom Eigentum am Boden abweichenden (wirtschaftlichen) Eigentums am Gebäude ist. Das Bankgebäude wurde sodann (ab 2009) an die Bank verleast. Die Leasinggesellschaft nahm (im Hinblick auf das umsatzsteuerpflichtige Vermieten an die Bank) den Vorsteuerabzug vor, welcher der Bank – hätte sie das Gebäude selbst errichtet – auf Grund der Erzielung unecht befreiter Umsätze nicht zugestanden wäre. Das Bundesfinanzgericht gelangte (wie zuvor das Finanzamt) zum Ergebnis, dass das geleaste Gebäude von Anfang der Bank zuzurechnen sei, weil sie als die wirtschaftliche Eigentümerin anzusehen sei (umsatz- und ertragsteuerlich). Daher wurde der Leasinggesellschaft der Vorsteuerabzug für die Baukosten versagt.

Gegen diese Entscheidung erhob die Leasinggesellschaft Revision.

Der VwGH erinnerte an seine ständige Rechtsprechung, wonach es für die Lösung der Frage, ob Leasinggüter dem Leasinggeber oder dem Leasingnehmer zuzurechnen sind, entscheidend darauf ankommt, ob die entgeltliche Überlassung des Leasinggutes an den Leasingnehmer gleich einer "echten" Vermietung als bloße Nutzungsüberlassung zu sehen ist oder ob sich die Überlassung wirtschaftlich als Kauf darstellt. Es geht letztlich darum, ob der Leasingnehmer mit der Überlassung des Leasinggutes bereits dessen wirtschaftlicher Eigentümer im Sinne des § 24 Abs. 1 lit. d BAO wird.

Dabei ist insbesondere von Bedeutung, wer die Chance von Wertsteigerungen oder das Risiko von Wertminderungen trägt. Die Leasinggesellschaft wendete in diesem Zusammenhang ein, dass das Leasingobjekt nach Beendigung des Leasingvertrages an sie zurückzustellen sei, sodass Chancen und Risiken von Wertänderungen im Regelfall ihr zu tragen seien. Während der Grundmietzeit von 15 Jahren habe die Leasingnehmerin (Bank) kein ordentliches Kündigungsrecht; ein solches stehe nur der Leasinggesellschaft zu. Um an Wertsteigerungen zu partizipieren, müsse die Leasingnehmerin eine außerordentliche Kündigung durch die Leasinggesellschaft provozieren. Ein derartiges Verhalten widerspreche dem Vertragswillen und könne nicht Basis einer rechtsrichtigen Entscheidung sein.

Der VwGH führte aus, für die Frage des wirtschaftlichen Eigentums kommt insbesondere dem Umstand Bedeutung zu, welche Vereinbarungen (vor allem in Bezug auf Wertsteigerungen und Wertverluste am Gebäude) für den Fall bestehen, dass der Leasingvertrag bis zum Ende seiner Laufzeit ausgeführt wird, sofern im Einzelfall nicht eine vorzeitige Beendigung des Leasingvertrages naheliegt. 

In Bezug auf die umsatzsteuerliche Beurteilung des Vorgangs verwies der VwGH auch darauf, dass der EuGH im Erkenntnis vom 4. Oktober 2017, C-164/16, Mercedes Benz Financial Services, zu der Bestimmung des Art. 14 Abs. 2 lit. b der RL 2006/112/EG das Vorliegen einer umsatzsteuerlichen Lieferung bei Leasingverträgen mit Kaufoption nur unter der weiteren Voraussetzung bejaht hat, dass die Optionsausübung die einzig wirtschaftlich rationale Möglichkeit für den Leasingnehmer darstellt. Der Vertrag dürfe, soll er umsatzsteuerlich als Lieferung qualifiziert werden, dem Leasingnehmer keine echte wirtschaftliche Alternative in dem Sinn bieten, dass er zu dem Zeitpunkt, zu dem er eine Wahl zu treffen hat, je nach Interessenslage den Gegenstand entweder erwerben, dem Leasinggeber zurückgeben oder weiter mieten könne. Dies sei auch dann der Fall, wenn die Ausübung der Kaufoption angesichts der finanziellen Vertragsbedingungen in Wirklichkeit als die einzig wirtschaftlich rationale Möglichkeit für den Leasingnehmer erscheine, weil z.B. die Summe der vertraglichen Raten dem Verkehrswert des Gegenstandes einschließlich der Finanzierungskosten entspreche und der Leasingnehmer wegen der Ausübung der Option nicht zusätzlich eine erhebliche Summe entrichten müsse.

Eine Anschaffung durch die Leasingnehmerin läge somit insbesondere dann vor, wenn die Nichtausübung einer eingeräumten Kaufoption geradezu gegen jede Vernunft wäre, wobei dies etwa der Fall ist, wenn eine anderweitige Verwendung des Mietobjektes nach Ablauf der Vertragsdauer für die Vertragspartner nicht sinnvoll wäre.

In Verkennung der Rechtslage hat das Bundesfinanzgericht dazu keine Feststellungen getroffen, sodass die angefochtene Entscheidung wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufzuheben war.
 

Download: Volltext der Entscheidung